ANTON MEYER — Konfektion, die passt

Der Name klingt so normal, dass er entweder geschickt ausgedacht sein muss oder echt. Die Wahrheit liegt in der Mitte. Anton Meyer ist zusammengesetzt aus den Namen der beiden Gründer Marc Anthony und Max Meyer-Abich. Ersterer ist eine Hamburger Lokalgröße in Sachen Maßkonfektion, in seinem Atelier kleidet er seit 25 Jahren Hamburger stilvoll nach Maß ein (sein Name ist übrigens auch echt, man spricht ihn deutsch aus). Zusammen mit Max Meyer-Abich bietet er seit 2012 Basics des klassischen Garderobe von der Stange an. Das Konzept liegt irgendwo zwischen den Londoner Hackett-Stores der späten Achtziger und SuitSupply. Mit dem frühen Hackett hat Anton Meyer die Stilsicherheit gemein, mit SuitSupply den jungen Look. Der freilich auch ältere Semester anspricht.

Die meisten Vergleiche hinken, so auch der mit dem englischen und dem niederländischen Label. Bei Anton Meyer ist der englische Stil nur eine Komponente des Looks, die Passform ist eher italienisch angehaucht. Grundsätzlich hat Anton Meyer seine Anzüge aber auf die deutsche Figur zugeschnitten und die ist halt oft sehr groß, manchmal auch kräftig. Und zu viel Chichi wollen die Jungs bei uns auch nicht. Und was den Unterschied zu SuitSupply betrifft: Anton Meyer lässt seine Anzüge in Portugal nähen, bei dem selben kleinen Betrieb, der schon seit Jahren für Marc Anthony die Maßteile liefert. Die Preise bleiben dennoch moderat. Der Anzug „Ingmar BF“ kostet z. B. 485 Euro, das Leinensakko „Chester“ 345 Euro, das Hemd „Helmut Blau“ 95 Euro und die Chino „Nr. 6“ in Grün 125 Euro.

Die Anzugstoffe stammen überwiegend aus Italien, z. B. von Vitale Barberis Canonico, bei Mänteln und Sakkos werden häufig Tuche aus Österreich von Leichtfried verwendet. Vereinzelt kommen auch englische Stoffe zum Einsatz, z. B. die Solaro-Kopie des Webers William Halstead. Ein Solaro-Anzug ist in Deutschland von der Stange sonst so gut wie nie zu haben. Max Meyer-Abich räumt ein, dass dieses Modell, das den passenden Namen „Gianni“ trug, kein Top-Seller war. Aber er hat seine Freunde gefunden. Bei Anton Meyer stehen die sicheren Anzüge im Zentrum der Kollektion, der dunkelblaue oder dunkelgraue Einreiher fürs Büro. Doch es gibt eben auch Zweireiher, Anzüge mit Weste und immer mal wieder auch karierte und braune Anzüge. Und sei es nur, um die Kunden mit einem spannenden Teil im Schaufenster neugierig zu machen. Dass der Hamburger Anwalt am Ende bei Blau oder Grau bleibt, ist verständlich. Doch er kauft dann vielleicht doch wenigstens noch ein Sakko aus Tweed für den Herbst, einen Janker aus Jägerleinen für das Frühjahr oder den an einen italienischen Klassiker angelehnten Ziegenleder-Blouson „Valentin“.

Mainstream-Businessanzüge gibt es zuhauf, auch in der Preislage von Anton Meyer. Wenn man allerdings den Schnitt der Anzüge, vor allem den der Anzughosen, betrachtet, verringert sich die Zahl der Mitbewerber gegen Null. Anton Meyer bietet nämlich mehrere Modelle mit hochsitzendem, breiten Bund, Seitenschnallen und Hosenträgerknöpfen an, außerdem gibt es diesen Schnitt auch noch mit Bundfalten und seit kurzem auch mit „flat front“. John Crocket in Köln bietet z. B. nur Hosen mit Gürtelschlaufen an, die Tweedanzüge von Ed.Meier München haben ebenfalls Gürtelschlaufen (immerhin auch Hosenträgerknöpfe innen am Bund), allenfalls bei Chelsea Farmer’s Club in Berlin oder bei Shoes & Garment in Hamburg könnte man vergleichbar geschnittene Anzughosen finden. Anton Meyer setzt sich gegebenüber diesen Konkurrenten in Vorteil, indem man die Größen von Jacken und Hosen nach Belieben mischen kann, also z. B. Jacke in 48 und Hosen in 46. Die Passform ist ausgezeichnet, jedenfalls für meine Figur, die Ausstattung in jedem Detail geschmackvoll.

Eine weitere Parallele zu Hackett in den späten 1980ern ist die großen Auswahl an festlicher Garderobe. Bei Anton Meyer gibt es mehr als 10 verschiedene Black-Tie-Outfits inklusive Samtsmokingjacken und weißen Dinnerjackets, außerdem „Morning dress“ mit großer Auswahl an Westen sowie einen Frack. Als Gegenpol zur förmlichen Garderobe bietet Anton Meyer auch lässig-gepflegte Casual-Teile, z. B. schlank geschnittene Chinos und verschiedene Jacken, wie die bereits erwähnte, sehr gelungene Interpretation des italienischen Ziegenlederblousons „Valentin“ (685 Euro). Abgerundet wird das Sortiment durch Krawatten, Schals und Einstecktücher. Mehr als eine Ergänzung ist die Palette an Schuhen, Anton Meyer bietet eine große Auswahl aus der Kollektion von Carmina an.

Wer Anton Meyer antesten möchte, kann die Filialen in Hamburg, München und Wien besuchen. Alle Geschäfte liegen sehr zentral, in Hamburg z. B. wenige Minuten vom Rathausmarkt entfernt, in Wien in Nähe des Grabens. Wie alle Einzelhändler hat Anton Meyer im Moment mit der katastrophalen Lage zu kämpfen, die durch den „Coronavirus“ entstanden ist. Immerhin kann er weiter über seinen Shop verkaufen. Online ist die Kollektion weiterhin verfügbar, das Anton-Meyer-Team steht in der Hamburger Zentrale für die Kunden bereit. Über meine Erfahrungen mit einem Einreiher von Anton Meyer und den daran nötigen Änderungen, berichten wir in ein paar Wochen.