Atelier Fasan. Handgemachte Hemden nach Maß

Handwerklich arbeitende Maßhemdenmacher sind in Deutschland rar geworden. Maßkonfektionshemden kann man sich fast überall anmessen lassen. Sie werden auf Basis von Konfektionsschnitten zugeschnitten und irgendwo in Mitteleuropa oder China genäht. Wer einen Chemisier sucht, der die Hemden direkt im Laden zuschneidet und näht, wird hierzulande selten fündig. In Berlin gibt es noch so einen Hemdenmacher im ursprünglichen Sinn: Das Atelier Fasan in Berlin Charlottenburg. 

Die Giesebrechtstraße zweigt direkt vom Kurfürstendamm ab. Nach ein paar Gehminuten kommt man zunächst an einer kleinen Buchhandlung vorbei und dann sieht man auch schon das Ladenschild mit dem stilisierten Fasan. 1950 wurde das Geschäft von llse Strelow gegründet, damals in der feinen Fasanenstraße. Von dieser Adresse ist nur der Fasan im Logo geblieben, seit 2008 ist das Atelier in der Giesebrechtstraße ansässig. Inhaber ist Heinrich Sabielny, der 2007 die Nachfolge von Sabine Anton angetreten angetreten hat. Er kommt uns an der Tür entgegen und zieht sich noch schnell die Maske über, bevor uns lächelnd mit einer knappen Verbeugung begrüßt. 

Heinrich Sabielny ist gebürtiger Westfale, bevor er nach Berlin gekommen ist, betrieb er ein Hemdenatelier in Düsseldorf. Ein Lieferant aus der Schweiz erzählte ihm, dass Frau Anton nach 26 Jahren einen Nachfolger für ihr Geschäft sucht und Heinrich Sabielny griff zu. Bereut hat er es noch nie: „Die Berliner sind treue und unkomplizierte Kunden“. Und sie waren froh, dass der neue Inhaber nichts am bewährten Konzept geändert hat. Auch er lässt die Hemden weiter in der Berliner Werkstatt, die direkt hinter dem Verkaufsraum zur Hofseite liegt, von den festangestellten Schneiderinnen nähen. Auch bei den Stofflieferanten hat er nichts geändert, es bleibt bei der Topqualität aus Italien und der Schweiz. Nur eine Neuerung hat er eingeführt: „Bei Erstbestellungen haben wir damit angefangen, eine Anprobe mit einem Probierhemd zu machen“. Auf einer Büste ist ein Testhemd zu sehen. Es wird aus Baumwollstoff zugeschnitten und komplett mit Kragen und Manschetten aus Stoff zusammengeheftet. Bei der Anprobe wird die Passform dann optimiert. „Bei uns geht es um Millimeter“ erklärt der Hausherr. Dass Streifen und Karos perfekt über alle Nähte weiterlaufen und die Knöpfe von Hand angenäht werden, ist sowieso selbstverständlich: „Unsere Hemden sind von Hand gemacht, auf Wunsch inklusive handumsäumter Knopflöcher“. Die kosten einen kleinen Aufschlag, die meisten Kunden verzichten aber darauf. „Die Kunden wollen vor allem die ausgezeichnete Passform“ betont Heinrich Sabielny.


Stoffe stehen auf Rollen im Laden bereit oder liegen als Ballen in den Regalen. Wer in dieser Auswahl nicht fündig wird, kann die Muster verschiedener Webereien durchsehen. Die Schweizer Weberei Alumo ist prominent vertreten mit ihren Stoffen, auch Bücher von Thomas Mason liegen griffbereit. Auf Büsten sind Hemdenmuster dekoriert, oftmals mit auffälligen Mustern und Farben. „Sowas ist schön fürs Auge“, erklärt Heinrich Sabielny schmunzelnd, „am Ende bleibt es aber meistens bei Hellblau oder Weiß“. In der Werkstatt arbeiten am Tag unseres Besuchs nur zwei Schneiderinnen. Wegen der Pandemie nähen die anderen Mitarbeiterinnen im Moment in Heimarbeit. Den Zuschnitt macht der Chef, auf seinem Tisch liegt gerade ein älteres Papierschnittmuster, das er gerade überarbeitet. In einem hohen Regal an der Fensterseite sind die Schnittmuster in A3-Umschlagen aufgereiht. „Wir zeichnen die Schnitte noch mit Winkel, Kurvenlineal und Bleistift auf braunes Papier“. Woran nichts auszusetzen ist. So wie im Atelier Fasan arbeiten auch die traditionellen Hemdenmacher in Paris, Wien, Rom oder Madrid. Nur, dass Berlin zum Glück etwas näher liegt.