Kim Himer — Maßschuhe aus Köln

Die Hahnenstraße ist Pfeifenrauchern gut bekannt, denn dort liegt eines der bekanntesten Kölner Fachgeschäfte für Pfeifen, Tabak und Zigarren. Und gleich daneben die Maßschuhmacherei von Kim Himer. Der Name Himer ist vielen Freunden des Schuhmacherhandwerks ein Begriff, Axel Himer, der viel zu früh verstorbene Vater von Kim, war in den 2000er Jahren einer der bekanntesten deutschen Maßschuhmacher. Er war einer der ersten, der Sportschuhe nach Maß gefertigt hat, z. B. für Autorennfahrer. In dem Kölner Geschäft ist er in vielfacher Weise präsent, in der Arbeit seiner Tochter Kim leben seine Arbeitsmethoden weiter. Sie hat gerade die Werkstatt eröffnet und lässt uns nun hinein. Sie ist Jahrgang 1987, deshalb kommt mir fast unwillkürlich die Frage auf die Lippen, wie lang sie schon selbstständig sei. „Seit gut 12 Jahren“, lautet die Antwort. 

Die zahlreichen Maßleisten, die in der rückwärtigen Werkstatt an der Wand hängen, wirken wie eine Bestätigung dieser Aussage. Der vordere Teil des Ladens ist der Schuhpflege gewidmet. In den Regalen stehen Cremes, und Pasten, Sprays und Bürsten, Lotionen und Galoschen, Schnürsenkel und Schuhspanner. „Als ich angefangen habe, waren Reparaturen und Pflege sehr wichtig. Man kann ja nicht sagen, hey, hier bin, bestellt bitte Schuhe“, erklärt Kim Himer lachend. Und nach wie vor kommen viele Besucher des Ladens über gut ausgeführte Reparaturen auf den Geschmack für eine Maßanfertigung. Oder eben über Fragen rund um die Pflege, die Kim Himer gern ausführlich beantwortet. Dabei kann sie auch auf die Bücher über Schuh- und Lederpflege verweisen, die sie geschrieben hat und die natürlich auch im Regal stehen. Doch heute geht es um die Maßschuhe, deshalb führt uns die Schuhmacherin durch die Werkstatt in den Keller. Dort berät sie die Kunden und vermisst die Füße.

Die Mitte des Raums nimmt ein Tisch ein, rechts an der Wand ein Regal mit zahlreichen Musterschuhen, die eine große stilistische Bandbreite repräsentieren. Klassische Derbyschuhe, Oxfords und Brogues, Schlupfschuhe aller Art, Stiefeletten und Stiefel, Bergschuhe und Sneakers. Links ein mächtiger, thronartiger Stuhl, auf dem der Kunde erhöht sitzt, die Schuhmacherin kann so bequem die Füße vermessen. „Ich arbeite ganz traditionell mit dem Maßband und Blaupapier für den Sohlenabdruck, ich nehme aber auch ein Trittschaummodell des Fußes.“ Wenn man sich über das Schuhmodell und die Schaftgestaltung geeinigt hat, schnitzt, raspelt und schleift Kim Himer zunächst aus einem hölzernen Rohling die Maßleisten in die richtige Form. Danach wird ein „statischer Probierschuh“ gefertigt, damit meint Kim Himer einen Probierschuh aus durchsichtigem Kunststoff. „Statisch, weil der Kunde darin nicht herumlaufen soll. Wir sehen uns lediglich an, wie der Fuß in dem Schuh sitzt“, erläutert sie. Dann folgt die zweite Anprobe. Dafür wird ein Probierschuh aus Leder mit einer einfachen Sohle gebaut. Die Innensohle besteht aus einem orthopädischen Spezialmaterial, in dem der Fuß wertvolle Spuren hinterlässt. „Der Kunde soll diesen Schuh 10 bis 15 Stunden lang tragen. Ich nenne immer diese Stundenzahl, damit die Kunden den Schuh nicht wochenlang als Hausschuh tragen, weil er so bequem ist.“ Es ist aber schon wichtig, dass der Schuh einige Stunden am Fuß ist, betont sie. „Wenn ein Probierschuh nur einmal kurz angezogen wird, sagt er nur wenig über die Passform aus.“ Nach der zweiten Anprobe und eventuellen Verbesserungen am Leisten werden die Schuhe aus dem gewählten gebaut. Und wenn die dann fertig sind, soll der Kunde auch nicht gleich beim ersten Mal „einen Marathon damit laufen“, scherzt Kim Himer. „Maßschuhe müssen, wie jeder Lederschuh, etwa drei Wochen lang eingetragen werden“. Der Kunde braucht also ein bisschen Selbstbeherrschung angesichts seiner Traumschuhe. Auch wenn er sie gar nicht mehr ausziehen möchte.