Nur ein paar Minuten vom Rathaus entfernt in der Schauenburger Straße liegt der Hamburger Hutladen der Familie Falkenhagen. Fassade und Interieur sehen modern aus, dennoch haben wir es mit einem Traditionsgeschäft zu tun. Es wurde 1916 von Anna Falkenhagen gegründet. Das erste Geschäft lag in der Schanzenstraße, 1934 wurde ein weiteres am Valentinskamp eröffnet. Den Laden in der Schanzenstraße übernahm Hans, der Sohn der Gründerin. Die Enkel Sünke und Uwe standen im Geschäft am Valentinskamp hinter der Ladentheke. 1972 zog Hut Falkenhagen an die Bleichenbrücke, 1979 in die Johannisstraße, ganz dicht am Rathaus.
2014 ist Hut Falkenhagen an den heutigen Standort umgezogen. Das ist der fünfte Standort in 102 Jahren. An ihm hat mit Sabine und Jens Falkenhagen die 4. Generation den Hut auf in Sachen Kopfbedeckung. Die beiden sind Urenkel der Gründerin Anna. Sie bieten in dem Laden eine große Bandbreite an Hüten, Mützen und Kappen an. Was nicht im Regal liegt oder im Lager vorrätig ist, kann in den meisten Fällen besorgt werden. Wenn das ausnahmsweise nicht klappt oder der Kundenwunsch sehr ungewöhnlich ist, kann er in der Werkstatt des Hauses erfüllt werden. Dort werden auch Hüte und Mützen repariert, geändert oder gereinigt.
Hüte und Mützen haben heute nicht mehr den Stellenwert wie 1916, zu Zeiten der Gründung des ersten Geschäfts. Dennoch sind Kopfbedeckungen wichtig geblieben. Die Bedeutung hat sich gewandelt vom Pflicht-Accessoire zur stilistischen Kür. Sofern Hut oder Mütze nicht einfach einem praktischen Zweck erfüllen, z. B. als Schutz vor Regen, Sonne, Wind oder Frost. Wie der Zwecke erfüllt wird, ist dann wieder eine Mode- oder Stilfrage. Gegen den Regen hilft der Hut aus gewachstem Stoff genauso gut wie der Bucket-Hat aus Nylon, bei Sonne schützt heller Stoff ebenso effektiv wie das geflochtene Palmenstroh des Panamahutes.
Als wir bei Falkenhagen zu Gast sind, herrscht gerade großer Andrang. Ein Kunde probiert klassische Filzhüte, ein anderer lässt sich Sonnenmützen zeigen. Ein anderer Kunde wartet auf seine Baskenmütze, die in der Werkstatt gerade geweitet wurde. Sie muss noch etwas abkühlen nach der Behandlung mit Wasserdampf. Jens Falkenhagen erklärt, dass die typisch französische Kopfbedeckung durch die Körperwärme, die der Kopf ausstrahlt, über die Zeit ein wenig eingeht. Das ist ganz normal und kann behoben werden. Während die Baskenmütze weiter abkühlt, arbeitet die Hutmacherin an einem Trilby, bei dem sie die Garnitur auswechselt. Eine Kundin, die den Hut von ihrem Vater geerbt hat, möchte das braune Hutband aus Seidenrips gegen eines aus grünen Satin austauschen lassen.
Ein neuer Kunde betritt das Geschäft, er sucht Initialbuchstaben für das Schweißband seines Hutes. Jens Falkenhagen geht in die Werkstatt und holt die Auswahl an Buchstaben heraus. Sie sind aus ganz dünnem Blech gearbeitet alphabetisch sortiert. Leider sind nicht mehr alle Buchstaben zu haben und den Lieferanten gibt es nicht mehr. Der Kunde hat aber Glück, für seinen Vor- und Nachnamen gibt es noch die passenden Buchstaben. Die werden gleich mit einem kleinen Spezialwerkzeug an dem Hutband befestigt. Das gibt dem Hut eine individuelle Note, ursprünglich sollten die Initialbuchstaben aber vor allem Verwechslungen verhindern. Früher hingen nämlich so viele Hüte an der Garderobe, dass man schon mal danebengreifen konnte
Am Ende zeigt uns Jens Falkenhagen noch einen Flohmarktfund: Einen Homburger aus feinstem Haarfilz.Der Aufdruck im Inneren des Hutes weist ihn als Produkt des Hauses aus. Wann genau er gefertigt und verkauft worden ist, kann Jens Falkenhagen nicht genau bestimmen. 50 oder 60 Jahre dürfte er aber alt sein. „So einen feinen Haarfilz bekommt man heute fast nicht mehr“, erklärt Jens Falkenhagen. „Außer bei uns“, fügt er augenzwinkernd hinzu. Und zeigt uns gleich einige Spitzenqualitäten aus dem Sortiment. Die kosten natürlich etwas mehr, halten dafür aber auch sehr lange. Vorausgesetzt, man pflegt sie ein wenig und achtet auf die richtige Handhabung. „Bitte nicht oben am Hut anfassen, wenn Sie ihn auf- oder absetzen, besser mit beiden Händen an der Krempe“, erklärt der Fachmann. Mit den Jahren kann sich der Stoff abnutzen und es kann ein Loch entstehen. Das kann man zwar flicken, es muss aber gar nicht erst dazu kommen.