Anzug-Änderungen: Der Experten-Guide zur perfekten Passform

Warum sind Änderungen nötig?

Konfektion wurde erfunden, damit man den Anzug nach dem Kauf gleich mitnehmen kann. Doch wer kann das schon? Irgendeine Änderung ist fast immer nötig. Und sei es nur, dass die Hosenbeine die richtige Länge bekommen müssen.

Meistens wären aber noch mehr Änderungen nötig. Viele Verkäufer weisen die Kunden jedoch nicht auf das hin, was gemacht werden müsste oder gemacht werden könnte. Sie sind froh, wenn der Kunde kauft und den Anzug mitnimmt. Ungeschultes Personal erkennt die Passformmängel allerdings oft gar nicht.

Bei einem traditionsreichen Herrenausstatter wie Brummer in Berlin gehört es dagegen zur Geschäftspolitik, die Kunden nur mit einem möglichst gut sitzenden Kleidungsstück nach Hause gehen zu lassen. Und sogar vom Kauf abzuraten, wenn eine Änderung nicht möglich wäre und keine Alternative, von Maßanfertigung abgesehen, verfügbar ist.

Einstmals Standard: Das Änderungsatelier im Haus

Früher haben Kaufhäuser und auch größere Herrenausstatter eigene Änderungsschneidereien unterhalten. So konnten die Änderungen entweder vom Verkäufer oder gleich von der Schneiderin oder dem Schneider abgesteckt werden. Heute sind hauseigene Änderungsateliers die Ausnahme. Brummer in Berlin bietet diesen Service nach wie vor an. Nicht zuletzt, weil man dann die volle Kontrolle über die Qualität der Änderungen hat.

Gleich rechts im Laden und offen einsehbar vom Verkaufsraum liegt die Schneiderei. Mehrere Schneiderinnen und Schneider sind dort angestellt, um die verkaufte Konfektion zu ändern oder die Passform der Maßanfertigungen zu optimieren. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind ausgebildete Schneiderinnen und Schneider, teilweise mit jahrzehntelanger Berufserfahrung.

Wie die Passform optimiert wird

Um beurteilen zu können, welche Änderung nötig ist, muss man das Ziel, die richtige Passform, kennen. Deshalb erklären wir sie bei jedem Teil des Anzugs. Dabei gehen wir in der Reihenfolge vor, wie ich einen Anzug probiere. Für den ersten Eindruck ziehe ich die Jacke an. Nur wenn sie mir gefällt, probiere ich auch die Hose. Ein Anzug sollte immer als Ganzes betrachtet werden.

Zuerst: Wie sitzt die Hose?

Wenn ich den Anzug haben will, überprüfe ich zuerst die Passform der Hose. Ich finde es sinnvoll, sie zuerst abstecken zu lassen, um dann die Jacke anzuziehen. Ich kann das Gesamtbild besser einschätzen, wenn z. B. die Länge der Hosenbeine und der Bund schon abgesteckt sind.

Der perfekt sitzende Hosenbund

Am Bund sollte die Hose so sitzen, dass sie ohne Gürtel nicht rutscht. Jedoch nicht so stramm, dass sie einengt. Um mehr als eine Größe sollten Hosen nicht geändert werden müssen, sonst stimmt die Position der Taschen nicht mehr.

Die Passform des Hosenbeins an der rückwärtigen Seite

Viele Kunden lassen die Hose unterhalb des Gesäßes ändern, damit sie an der Rückseite des Unterschenkels mehr der Kontur des Beins folgt. Gerade jüngere Männer mögen es oftmals nicht, wenn die Hose glatt vom Gesäß nach unten fällt.

Ich bevorzuge es, wenn die Hose glatt herabfällt und nicht der Kontur des Gesäßes und des Beins folgt. Außerdem mag ich die größere Bewegungsfreiheit. Die Schneider müssen bei der Änderung achtgeben, dass die Hose nicht zu dicht am Gesäß anliegt. Wir haben die Änderung für das Bild abstecken lassen.

Bein- und Fußweite

Ganz wichtig für den Gesamteindruck des Anzugs ist die gesamte Weite des Hosenbeins, doch nur die wenigsten wissen, dass sie ohne Probleme korrigiert werden kann. Änderungen werden unten am Saum abgemessen, deshalb ist bei Arbeiten an der Beinweite oft von der sogenannten Fußweite die Rede.

Bei einer schmalen Röhrenhose ohne Bundfalten (Größe 50) beträgt die Fußweite etwa 20 cm, bei einer Hose mit Bundfalten etwa 22-25 cm. Schneider legen das Maßband komplett um das Hosenbein, deshalb geben sie die Fußweite mit dem doppelten Wert an. Kleine und stämmige Männer meiden allzu weite Hosen besser, sie stauchen die Figur.

Hosenlänge und Umschläge

Die Fußweite sollte am besten zusammen mit der Gesamtlänge geändert werden. Hochwertige Hosen sind unten noch nicht umsäumt, wenn sie in den Verkauf kommen, damit die Länge exakt auf den Kunden abgestimmt werden kann.

Wer nicht sicher ist, ob der Anzug mit oder ohne Umschläge besser aussieht, sollte ihn erst mit Umschlag ordern. Entfernen kann man diese später immer noch. Wenn dagegen die Entscheidung für den glatten Hosenabschluss gefallen ist, reicht der „Einschlag“ (also die nach innen geklappte Stoffmenge) oft nicht aus, um daraus Umschläge zu zaubern.

Das Stoßband an der Innenseite des Saums ist verzichtbar. Exemplare aus Kunststoffgewebe können sogar den Schuh zerkratzen. Manche Konfektionäre liefern das passende Stoßband bei Anzügen, die mit ungesäumten Hosenbeinen verkauft werden, mit. Ich habe das z. B. bei Brummer bei einem Anzug von Scabal gesehen, bei dem das farblich passende Stoßband in der Hosentasche steckte.

Eine Frage des Stils: Die perfekte Hosenlänge

Die Hosenlänge hängt vom Hosenschnitt ab. Weitere Modelle werden länger getragen, Röhren dagegen kürzer. Weitere Hosen sollten auf dem Spann einmal leicht einknicken. Der Saum endet an der Rückseite irgendwo zwischen der Mitte der Fersenkappe und dem Ansatz des Absatzes.

Manche Verkäufer raten dazu, dass die Hosen bis zur Mitte des Absatzes reichen sollen. Das ist nach heutigen Begriffen aber oft zu lang. Diese Regel stammt aus der Zeit viel weiterer Hosenbeine. Schmal geschnittene Hosen werden kürzer getragen. Sie setzen vorn ein kleines bisschen auf und reichen hinten über den Rand des Schuhs hinaus oder erreichen die Mitte der Fersenkappe. Oft hilft es, den Hosensaum anschrägen zu lassen, das Hosenbein vorne also kürzer als hinten zu machen.

Sakko-Änderungen: Was möglich ist

Änderungen am Sakko lohnen sich nur, wenn die Gesamtlänge stimmt. Sie ist korrekt, wenn das Gesäß bedeckt ist und der Schließknopf auf oder ein Stückchen über dem Bauchnabel sitzt. Dort befindet sich nach dem goldenen Schnitt die optische Körpermitte. Die Position der Taschen und Knopflöcher wird in Relation zur Gesamtlänge festgelegt, würde sie geändert, säßen Taschen und Knöpfe zu hoch oder zu niedrig.

Die wichtigsten Bereiche: Kragen, Rücken und Schultern

Zuerst wird die Passform an Kragen, Rücken und Schultern überprüft. Der Kragen sollte sich dicht an den Hals schmiegen, wenn nicht, lieber einen anderen Anzug in die engere Wahl nehmen. Änderungen am Kragen sind relativ kompliziert. Die sogenannte Nackenfalte kann dagegen leicht behoben werden.

Gemeint ist, dass sich der Stoff unterhalb des Kragens waagerecht nach oben schiebt und eine Querfalte bildet. Über dem Rücken muss der Stoff glatt anliegen, hinter den Armen sollte eine kleine Stoffreserve sichtbar sein. Ohne sie könnte der Träger die Arme nicht nach vorne bewegen (deshalb wird sie „Bewegungsfalte“ genannt).

Nicht zu weit, nicht zu eng: Die richtige Taillenweite

Um zu sehen, ob die Jacke in der Taille die richtige Weite hat, wird sie geschlossen. Dann wird leicht am Knopf gezogen. Wenn sie zwei bis drei Zentimeter nach vorne schwingt, stimmt die Taillenweite, wenn sie mehr Spiel hat, ist sie zu weit. Um das zu ändern, wird an den Seitennähten Stoff herausgenommen.

Wenn man die Taillenweite verringert, indem man Stoff an der Rückenmitte herausnimmt, ist der Abstand zwischen den Seitenschlitzen zu gering. Manchmal laufen Karos oder Streifen dann unschön an der Mitte zusammen. Deshalb sollte man besser an den Seitennähten arbeiten.

Die Taillenweite ist auch eine Frage des Stils und des Tragegefühls. Ich persönlich gehe danach, ob ich die Jacke mühelos schließen kann und dann aber trotzdem merke, dass sie geschlossen ist. Viele Männer verwechseln schneidermäßige Passform mit extremer Enge in der Taille. Wenn die Jacke über dem Bauch spannt und die Seitenschlitze aufklaffen, ist sie tatsächlich ein wenig zu eng.

Sehr wichtig für den Gesamteindruck: Die Ärmellänge

Die richtige Ärmellänge ist eine wesentliche Voraussetzung für einen guten Gesamteindruck der Jacke. Enden die Ärmel an den Knöcheln, sieht das ganze Sakko zu groß aus, sind sie zu kurz, wirkt es zu klein. Korrekt ist die Länge, wenn das Hemd herausschaut. Je nach Geschmack und Körpergröße einen halben bis mehrere Zentimeter. Beim normalen Anzug von der Stange ist es ganz einfach, die Ärmel zu kürzen oder zu verlängern.

Der Änderungsschneider entfernt die Knöpfe am Ärmelabschluss, kürzt oder längt und näht sie an der neuen Stelle wieder an. Bei Anzügen mit aufknöpfbaren Ärmeln geht das natürlich nicht, denn die Knopflöcher lassen sich nicht verschieben. Deshalb sollten nur bei nach Maß gefertigten Jacken die Knopflöcher am Ärmel aufgeschnitten werden.

Änderungen am Armloch: Unsichtbar von außen aber spürbar

Zu den Änderungen des Ärmels gehört auch die des Armlochs. Das ist die einzige Korrektur, die niemand sieht, Sie aber ganz deutlich spüren. Sie wird fällig, wenn das Sakko unter den Achseln kneift, es in allen anderen Punkten aber perfekt passt und deshalb der Griff zu einem anderen Modell oder einer anderen Größe nicht in Frage kommt.

Änderungen vorwegnehmen durch Maßanfertigung

Wer die Kleidung nach Maß bei Brummer bestellt, kommt um die größeren Änderungen natürlich herum. Dennoch ist es auch bei Einzelbestellungen manchmal nötig, das Kleidungsstück nach der Fertigprobe im Detail zu bearbeiten. Meistens wandern Maßbestellungen aber erst dann in die Werkstatt, wenn Reparaturen fällig sind. Oder der Kunde sein Gewicht verändert.