Jermyn Street – der Londoner Straßenname ist Synonym für die englische Hemdenmachertradition. Dort, genauer gesagt in der Piccadilly Arcade, werden bei Budd Shirtmakers Maßhemden zugeschnitten und Konfektionshemden verkauft. Am Rande einer Trunkshow haben wir die Hemdenmacherei in Frankfurt getroffen und jetzt ein Interview per Telefon geführt.
Feine Herr: Könnten Sie sich bitte unseren Lesern vorstellen? Wer sind Sie und was machen Sie?
Darren Tiernan: Mein Name ist Darren Tiernan. Ich bin “Senior Bespoke Cutter” bei Budd Shirtmakers in London.
Wie würden Sie ihre Hemden charakterisieren?
Wir bieten Maß-, Maßkonfektions- und Konfektionshemden an, die alle von uns zugeschnitten und einem Team von Hemdenmachern in unseren Werkstatt zusammengenäht werden. Unsere Hemden stehen in der Tradition der Jermyn Street, sie haben einen „forward collar“ geschnitten in dem Stil unseres Hauses.
Vielleicht muss man „forward collar“ übersetzen. Das ist ein Kragen, bei dem die Schenkel dichter zusammenliegen als beim Haifisch. Was ist der Unterschied zwischen Ihren Konfektionshemden und dem „Bespoke”. Von dem offensichtlichen Unterschied beim Schnitt abgesehen. Was haben alle Ihre Hemden gemeinsam?
Die Kontinuität zwischen Konstruktion, Stoff und den Details ist eine der größten Besonderheiten bei Budd’s. Die Bespoke-Hemden schneiden wir natürlich einzeln nach einem einzigartige Schittmuster zu, dabei arbeiten wir nach den speziellen Maßen und gemäß den stilistischen Anforderungen und des gewählten Stoffs. Ab da ist der Prozess für alle unsere Hemden aber grundsätzlich gleich. Das schließt den weichen, von Hand gewendeten Kragen mit loser Einlage ein, den wir mit einer doppelten Stichreihe annähen, damit er mit oder ohne Krawatte gut sitzt. Jedes Hemd besteht aus 36 Bestandteilen plus Knöpfen, durchweg „single needle stitching“. Wir haben von Hand eingesetzte Ärmel, die von Hand gefaltete und gefütterte Knopfleiste, Perlmuttknöpfe ethisch einwandfreier Herkunft.
Man denkt bei englischen Hemden oft an einen geräumigen Schnitt. Trifft das auch auf Ihre Bespoke-Hemden zu? Oder ist der Schnitt da komplett vom Wunsch des Kunden abhängig?
Früher war der klassische, großzügige Schnitt typisch für das Londoner Hemd, das war der Trend. Heute tendieren wir zu einem „geschneiderteren” Look und das ist, was wir immer gemacht haben. Ganz besonders bei unserer Maßarbeit, bei der wir uns an die Form des Kunden anpassen und ihr möglichst schmeicheln wollen. Wir haben auch den Trend zum Slim-Fit-Hemd beobachtet, die aber oft eng sind und schlecht sitzen. Wir raten Kunden davon eher ab. Ich strebe immer den für den Kunden möglichst vorteilhaften, bequemen und praktischen Look.
Welche Auffassung haben Sie zu geklebten und unverklebten Einlagen beim Kragen?
Die verschiedenen Hemdenmacher der verschiedenen Länder haben unterschiedliche Traditionen bei der Herstellung. Ich bin nicht gegen verklebte Einlagen beim Kragen und ich habe schöne Kragen dieser Art gesehen. Zu uns kommen die Leute aber wegen des klassisch englischen Looks und dazu gehört ein Kragen mit loser Einlage aus Baumwolle. Das ist unsere Tradition und so sind wir es gewöhnt, die Hemden zu machen.
Nicht viele der Hemden, die in der Jermyn Street verkauft werden, sind „Made in England“. Wie englisch sind Ihre Hemden?
Wir schneiden unsere Maßhemden in dem Zuschneideraum über dem Laden hier in London zu. Unsere Maßkonfektions- und Konfektionshemden werden in unserer Werkstatt in Andover, Hampshire, zugeschnitten. Dort werden sie auch genäht. Andover liegt etwa eine Stunde von London entfernt und von hier aus beantworte ich auch Ihre Fragen während des Lockdown 3.0. Von hier aus arbeite ich während der Londoner Laden geschlossen ist. Unsere großen Räumlichkeiten ist sicher vor Covid und „socially distanced”.
Sie tragen einen wunderbaren Anzug und vermutlich ein Maßhemd. Könnten Sie uns etwas über ihre persönlichen Vorlieben bei Anzügen, Krawatten, Hemden und Schuhen verraten?
Bei der Business-Kleidung halte ich alles ziemlich schlicht und klassisch, ich bin aber auch sehr privilegiert durch die Marken und Lieferanten, die uns umgeben. Ich tendiere zu einem schlichten Maßhemd in Weiß oder Hellblau, am liebsten zugeschnitten aus Supraluxe oder Soyella von Alumo. Dazu eine einfarbige Krawatte aus Seidenstrick oder Seidengrenadine, normaIerweise in dunkelblau. Ich habe das Glück, mehrere Maßanzüge zu besitzen, mein Favorit ist aber ein wunderbarer Anzug von Anderson & Sheppard. Ich trage Schuhe von Cleverley zu meiner Businesskleidung, sie runden den ganzen, sehr englischen „London look“ ab.