Der Südtiroler Michi Klemera ist Gründer und Geschäftsführer des Herrenmodelabels Luis Trenker. Wir haben ihn auf der Pitti Uomo zum Gespräch getroffen.
Feine Herr: Was hat Sie dazu inspiriert, ihr Label nach Luis Trenker zu benennen?
Michi Klemera: Abgesehen davon, dass uns die Familie den Namen angeboten hat, war für mich die Geschichte unserer Großväter ein Thema. Ich erzähle also nicht so sehr von Luis Trenker im Speziellen, sondern prinzipiell von unseren Vorfahren und ihren Werten, die einfach gelebt und dabei einen tollen Lifestyle genossen haben. Gut gekleidet, gutes Essen, gutes Trinken, viel Natur, relativ stressfrei. Weit weg von den großen Städten haben sie in den Bergen mit ihren Familien und ihren Tieren, mit eigenen Weiden und Wäldern um das Überleben gekämpft. Sie haben dabei nie vergessen, auch bei der Alltagskleidung immer eine gewisse Stilsicherheit zu zeigen. Das ist ein Ausdruck von Lebensfreude und den wollen wir aussenden. Aber nicht als Slogan, sondern aus Überzeugung. Ich lebe leicht, ich habe Freude am Leben und das wollen wir ausstrahlen.
Diese Generation der Großväter hat sich im gewissen Umfang noch selbst versorgen können, was dem heute sehr aktuellen Nachhaltigkeitsdenken entspricht. Ist Nachhaltigkeit auch Teil Ihrer Firmenphilosophie?
Das ist für mich keine Philosophie, für mich ist das einfach logisch und natürlich. Respektvoller Umgang mit der Natur, der Umwelt, den Tieren, dem Produkt und auch mit unseren Kunden und den Produzenten.
Bis vor drei Jahren hieß ihr Claim „Alpine Lifestyle“. Warum haben Sie ihn in „A part of me“ umbenannt?
Es war Zeit für etwas Neues. Mit dem neuen Claim „A part of me“ schließen wir unsere Fans ein. Jedes Teil ist dann auch Teil jedes einzelnen Kunden. Jeder Träger ein Teil der Philosophie von Luis Trenker.
Luis Trenker ist heute nicht mehr jedem bekannt. Er war Filmregisseur, Buchautor, …
… Bergsteiger, Bergführer, Schauspieler.
Dazu passt das Thema Tracht. Wie schaffen Sie es, dieses Thema zeitgemäß und modern zu übersetzen?
Ich komme aus der Mode und war eine zeitlang sehr verwurzelt mit der Tracht. Wir haben uns aber nie als Tracht gesehen. Wir sind traditionell und verbinden das mit Modernität. In unserer Bergwelt ist Tracht immer ein Thema in der Tagesbekleidung. Nach 28 Jahren bin ich immer noch Kopf der Marke und meine Designer und Mitarbeiter folgen meiner Vision und dem was ich gerade spüre. In dieser Saison haben wir Traditionelles aus Argentinien als Thema gewählt. Ich will international sein, nicht nur regional verwurzelt. Und Luis Trenker ist selbst auch einmal nach Buenos Aires geflogen und hat sich dort umgesehen. Wir sind offen wie er offen war. Bereits 1932 hat er seinen ersten Film in Hollywood gedreht. Er hat die Berge überschritten, den Horizont gesucht, konnte sich in Amerika behaupten, ohne Englisch zu können.
Ist er in den USA denn heute noch bekannt?
Das ist gar nicht so wichtig, denn Luis Trenker als Marke hat viel zu erzählen. Storytelling ist für neue Brands eine sehr aufwändige Sache, weil sie etwas erfinden müssen. Wir haben so viel Geschichte, dass ich tagelang erzählen könnte. Wenn ich in Aspen bin und einer fragt, was es mit Luis Trenker auf sich hat, dann ist der immer fasziniert von unserer Story. Genauso in Japan oder Korea.
Ist Stilgefühl angeboren? In Deutschland sind viele Männer unsicher bei der Mode.
Ja, das beobachten wir oft. Zunächst einmal wollen wir optimale Beratung bieten in unseren eigenen Shops. Wir haben da sehr gut geschulte Mitarbeiter. Wir wollen, dass sich jeder bei uns wohlfühlt. Ich glaube, dass wir die Menschen glücklich machen mit einem Style, mit dem sie sich sehr einfach jede Saison neu erfinden können. Wir versuchen die Farben und Materialien immer so zu gestalten, dass man sie mit den alten Teilen vermischen kann. Auch ein Thema, dass wir nicht strategisch ermittelt haben als Beitrag zur Nachhaltigkeit, das ist für mich einfach logisch. Das ist bei uns in den Bergen normal, einfach das Lebensgefühl und eine Charaktereigenschaft.
Bei Ihnen gibt es ja auch ein paar Teile, die sind richtige Klassiker.
Ja, z. B. das Jackenmodell Sandro, das haben wir seit 23 Jahren in der Kollektion.
Wie erklären Sie diesen langfristigen Erfolg?
Der Stehkragen zeigt ja den bayerischen Einfluss. Aber wir haben diesen Stil von Anfang an immer auf italienische Schnitte umgesetzt. Südtirol ist Zweisprachigkeit und das haben wir immer auch in die Arbeit eingebracht. Wir vereinen die italienische Lässigkeit, die Eleganz, die Linienführung mit der Disziplin und der Struktur des deutschen Denkens. Das zeigt sich auch in unserer Kollektion.
Wo wird Ihre Kollektion besser verstanden, in Italien oder in Deutschland?
In Deutschland. Deutschland, Österreich und die Schweiz sind unsere Kernmärkte.
Was sind die Berge für Sie persönlich?
Eine Selbstverständlichkeit. Ich wohne am Berg oberhalb von Brixen. Ich gehe aus dem Gartentor raus und stehe schon in der Wiese. Von da aus könnte ich grenzenlos weitergehen. Für mich und wohl jeden Südtiroler ist es selbstverständlich, dass wir auch unter der Woche auf das Rennrad oder das Mountainbike steigen, auf den Berg gehen, Skifahren, wandern, bergsteigen. Und wenn ich zurückkomme, will ich mich einfach stilvoll kleiden, ohne dass es aufgesetzt wirkt. Das ist das Sinnbild für meine Philosophie.