Krawatten und Schleifen von der Stange und nach Maß, Cummerbunds, Hosenträger, Strümpfe und im Moment auch Gesichtsmasken. Auerbach Berlin liefert die wichtigsten Accessoires des Gentleman. Wer das erste Mal vor einer der Filialen steht und das große Foto eines jungen Mann mit Schleife und Brille sieht, wird vielleicht kurz stutzen: „Kenn ich den nicht?“ Höchstwahrscheinlich, denn der junge Mann ist Jan-Henrik Scheper-Stuke, Geschäftsführer und CEO von Auerbach Berlin, Herr über 11 Läden und Shops-in-Shops in ganz Deutschland. Von 2010 bis 2015 war er Geschäftsführer und Gesicht von Edsor Berlin.
Edsor Berlin war eine 1909 in Berlin gegründete Berliner Krawattenmanufaktur (damals noch Edsor Kronen). Ihr Eigentümer und Creative Director war Günther H. Stelly, der die Firma von seinem Vater übernommen hatte. Stelly holte 2010 seinen Patensohn Jan-Henrik Scheper-Stuke nach Berlin und machte ihn zum Unternehmenschef. Die beiden entstaubten die Marke sehr erfolgreich und gaben der Krawatte ein neues, jüngeres Image. Dies ist vor allem Scheper-Stukes Kommunikationstalent zu verdanken. Binnen kurzer Zeit hatte er sich in Berlin ein großes Netzwerk geschaffen, der Zulauf und die Promidichte bei den Events der Marke stand in keinem Verhältnis zu ihrer Bedeutung am Markt. Vielleicht war es aber gerade das Lokalkolorit, das Edsor im Zusammenspiel mit ihrem Markenbotschafter so attraktiv machte. Nach Problemen mit Investoren wurde die Marke Edsor verkauft und Günther H. Stelly gründete die neue Marke Auerbach Berlin. Das ist kein Phantasiename, Auerbach war ein Berliner Unternehmer jüdischen Glaubens, der 1939 vor den Nazis fliehen musste. Konzept und Geist von Edsor leben bei Auerbach Berlin weiter, verkörpert durch den Inhaber Günther H. Stelly, Geschäftsführer Jan-Henrik Scheper-Stuke, die Directrice Dagmar Hartmann, die Schneiderinnen, Store-Manager und alle anderen Mannschaftsmitglieder. Wie auch Edsor ist auch Auerbach Berlin eng mit der Hauptstadt verbunden, dennoch kann man die Marke inzwischen in ganz Deutschland kaufen und natürlich auch im Onlinestore.
Jan-Henrik Scheper-Stuke ist in Berlin ein bekannte Figur und stark in Zeitungen und dem Fernsehen präsent. In seiner Anfangszeit bei Edsor war die Schleife sein Markenzeichen, deshalb hat ihn ein Journalist als den „Herr der Fliegen“ bezeichnet. Nur wenige denken bei diesem Namen an William Golding’s Roman „The Lord Of The Flies“, die meisten an den Krawattenmann. Scheper-Stuke sagt übrigens niemals „Fliege“, immer nur Schleife. Fliegen sind die fliegenden Insekten, die durch den Raum schwirren, Schleifen trägt man um den Hals. Mittlerweile sieht man ihn auch häufig mit Langbinder oder auch mal mit offenem Hemd. Die Brille ist aber meistens dabei. Auffällige Rahmen sind jedoch seltener geworden.
Wir haben Scheper-Stuke in der Filiale im Bikini Berlin getroffen. Es war ein heißer Tag und er kommt mit offenem Hemdkragen in den Laden, sucht sich aber gleich eine Schleife aus und einen passenden Mundschutz. Im März hatte Auerbach sehr gute Presse mit diesem neuen Accessoire, im Interview nannte Scheper-Stuke sie die „neue Berliner Schnauze“. In nur wenigen Tagen hatte er es geschafft, mit seinem Team eine Mundschutz-Kollektion auf die Beine zu stellen. Er hatte an einem Abend testweise ein paar erste Masken in den Onlineshop gestellt, am nächsten Morgen waren 52 Stück bestellt. Per E-Mail war ein Großauftrag für 2.000 Masken von einer Spedition dazugekommen. Nun musste es schnell gehen. Die Directrice schnitt im Akkord die Masken zu, die Näherinnen ließen die zugeschnittenen Krawatten und Schleifen liegen und schneiderten erstmal nur Mund- und Nasenmasken. Der Chef klapperte derweil mit dem Auto die Berliner Kurzwarenhändler ab und besorgte die Zutaten. Gleichzeitig hatte er die Idee, seidene Masken ins Sortiment zu nehmen und ließ dafür die Stoffe zuschneiden, die eigentlich für Krawatten, Schleifen und Einstecktücher eingekauft worden waren. Die Seidenmasken sind innen mit Baumwolle gefüttert, waschen kann man sie nicht. Nach dem Tragen kann man die Innenseite mit dem Bügeleisen desinfizieren, ansonsten chemisch reinigen lassen.
Die Auswahl an Masken aus verschiedenen Stoffen ist sehr umfangreich, das neue Accessoire fügt sich dabei harmonisch in das normale Sortiment ein. Store-Manager Martin Loges zeigt die Bandbreite der Kollektion. Binder aus gewebter oder bedruckter Seide, Strickkrawatten aus Seide, Wolle oder Kaschmir, Hosenträger und Cummerbunds – auf Wunsch passend zu Krawatte oder Schleife. Nach wie vor werden Krawatten auch nach Maß gefertigt, dafür empfiehlt sich die Filiale in den Hackeschen Höfen. Bei den Einzelbestellungen geht es meistens weniger um das Material, Grund ist meistens die Passform. Sehr große oder auch umfangreiche Herren wünschen sich Krawatten, die nicht schon auf der Bauchmitte enden. Auch besonder Wünsche bei der Breite werden bei der Maßkrawatte befriedigt. Hauptgeschäft ist aber die Konfektion. Nicht fündig zu werden ist tatsächlich schwierig, denn die Auswahl an Farben, Mustern und Motiven ist sehr groß.