Bespoke aus Dresden — Preiß Maßschuhmacherei

Die Innere Neustadt von Dresden erinnert mit ihren schmalen Gassen und den niedrigen Häusern aus dem 18. Jahrhundert manchmal an ältere Viertel in Prag oder Wien. Wenn man durch die Rähnitzgasse schlendert und plötzlich das Schaufenster einer Maßschuhmacherei erblickt, verstärkt sich dieser Eindruck. Aber das ist Dresden und nicht Wien oder Prag, wir stehen vor der Maßschuhmacherei von Alexander Preiß und Christian Legler. Im Schaufenster wird der Blick sofort von einem Paar Schnallenschuhen aus gelbem Leder angezogen. Bei genauerem Hinsehen ist erkennbar, dass die Schließe aus Horn gefertigt ist. Alexander Preiß kommt zur Begrüßung heraus und folgt meinem Blick: „Die Schließe ist aus Horn, das ist ein Sonderanfertigung für uns.“

Alexander Preiß und Christian Legler sind gemeinsam Inhaber der Werkstatt. Dort arbeitet außerdem noch Charlotte Günz. Sie hat bei den beiden gelernt und wird nach ihrer Gesellenprüfung im Atelier weiterarbeiten. Alexander Preiß macht den Kundenkontakt, die Leisten und die Anproben, außerdem den Bodenbau. Christian Legler ist Schaftmacher, unterstützt wird er dabei von Charlotte Günz. Die beiden arbeiten gerade im hinteren Bereich des Ladenlokals, der als Werkstatt dient. Vorn ist der Verkaufstresen und eine Sitzgelegenheit für das Maßnehmen. Alexander Preiß hat keinen geradlinigen Lebenslauf, erst mit Mitte dreißig ist er zur Schuhmacherei gekommen. „Ich war vorher Dramaturg am Theater“. Er hat in verschiedenen Betrieben gelernt, unter anderem bei einem Orthopädieschuhmacher. „Dort habe ich alles über den Bodenbau gelernt, ich habe dort handeingestochene Schuhe gemacht und zwiegenähte.“ Seit 12 Jahren ist er selbstständig, seit 5 Jahren hier in der Rähnitzgasse.

Die Arbeitsweise bei Preiß ist ganz traditionell. Die Schuhe werden komplett im Haus gefertigt, inklusive Schaft. „Das ist heute nicht selbstverständlich“, bedauert Alexander Preiß. „Viele Maßschuhmacher bestellen die Schäfte woanders oder sogar die Leisten.“ Bei Preiß wird grundsätzlich mit Probeschuh gearbeitet, er sagt, dass er damit „ein Netz ausspannt“. Für den Kunden und für die Maßschuhmacher. Je nach Fuß und gewünschtem Modell wird nur ein Probeschuh aus einem anderen Leder gebaut. In manchen Fällen findet auch noch eine Anprobe des Originalschafts statt, bevor die Sohle aufgedoppelt wird. Die perfekte Passform ist beim Maßschuh sehr wichtig, Alexander Preiß versucht den Kunden aber auch zu erklären, dass immer eine Abwägung stattfindet zwischen Fußform und Schuhform: „Viele Füße sind unterschiedlich groß, nicht nur in der Länge. Da muss ich den Kunden fragen, ob die beiden Schuhe trotzdem identisch aussehen sollen. Oder ob er sichtbar Unterschiede rechts und links zulässt.“ 

Die Muster zeigen eine große stilistische Vielfalt. Da sieht man einen absolut konservativen, braunen Oxford, wie er auch bei einem Londoner Schuhmacher des Westends in der Vitrine stehen könnte. Dann aber auch den gelben Schnallenschuh aus dem Schaufenster, der eher nach Paris aussieht. Oder einen doppelt zwiegenähten Halbstiefel, der seinen Besitzer für Wanderungen in Stadt und Land perfekt rüstet. Und für Damen einen von Out-of-Africa“ inspirierten Schnürstiefel aus Kalbsfell mit Antilopendruck. Bei Preiß scheut man keine stilistischen Wagnisse, wie ein Hybrid aus Brogue und Sneaker in Rot und Schwarz beweist. „Mein Ziel ist, schöne Schuhe zu bauen“, betont Alexander Preiß. Optimale Passform ist dabei natürlich inbegriffen. Im Rahmen des Möglichen. 

Die Maßschuhwerkstatt liegt nur wenige Gehminuten von Prüssing & Köll entfernt, man kennt sich und schätzt sich. Und wie die Maßschneider profitieren auch die Schuhmacher von den umliegenden Hotels, speziell der Bülow Residenz. Oft bleiben Gäste vor dem Schaufenster stehen und nicht selten kommen sie auch herein. Dementsprechend weit verzweigt ist der Kundenstamm der Dresdner Maßschuhmacher. „Wir haben Deutsche aus allen Teilen des Landes, aber z. B. auch Schweizer. Nach Dresden kommen Menschen von überall her.“ Hoffentlich bald wieder so viele, wie vor der Pandemie. Bei Preiß war während der ruhigen Zeit trotzdem gut zu tun: „Die Kunden sind uns treu geblieben“.

www.preiss-schuhe.de