Bei vielen Maßschuhkunden kommt es nie zur zweiten Bestellung. Dafür gibt es viele Gründe. Wer aber ein zweites Paar ordert, war bestimmt zufrieden mit dem ersten. Deshalb sollte man bei der Suche nach einem Maßschuhmacher nach Handwerkern Ausschau halten, die viele Stammkunden mit mindestens zwei Paar Schuhen haben. Wie Kay Gundlack in Parchim.
Jeder Maßschuhmacher macht die Leisten und die Schuhe ein bisschen anders und jeder Handwerker hat Stärken und Schwächen. Ich spreche wohlgemerkt nur von den Maßschuhmachern, mit deren Arbeit ich zufrieden bin. Zufriedenheit heißt zuallererst, dass ich die Schuhe als bequem empfinde. Beim ersten Hineinschlüpfen und nach stundenlangem Tragen. Unter Zufriedenheit verstehe ich außerdem, dass mir das Aussehen der Schuhe gefällt und sie hinreichend sorgfältig gearbeitet wurden. Diese Auflistung stellt auch die Rangfolge meiner Prioritäten bei Maßschuhen. Bequemlichkeit und Passform liegen an erster Stelle, die Verarbeitung ganz hinten. Denn die sorgfältigste Handarbeit nützt nichts, wenn der Schuh nicht richtig sitzt.
Kay Gundlack macht einen ungeheuer bequemen Schuh. Und er ist sehr vielseitig in stilistischer Hinsicht. Sie können ihm das Bild eines sehr klassischen Modells zeigen und er wird es ohne Probleme für Ihre Füße nachbauen. Lieber ist es ihm aber, gemeinsam mit dem Kunden ein etwas individuelleres Modell zu entwerfen. O-Ton Gundlack: „Wenn mir jemand ein Paar Schuhe von Crockett & Jones zeigt und mich bittet, die zu kopieren, dann finde ich das langweilig.“ Er wird sich wohlgemerkt nicht weigern, denn die Zufriedenheit des Kunden liegt ihm am Herzen: „Wichtig ist, dass er glücklich ist“. Wenn man diese Worte liest, hört sich das nicht ungewöhnlich an. Wenn man Kay Gundlack diesen Satz und das Wort „glücklich“ sagen hört, glaubt man ihm. Emotion ist wichtig für ihn. Das heißt aber nicht, dass er emotional arbeitet.
Kay Gundlack ist er ein versierter Profi, vertraut mit allen Macharten und Materialien. Seit 2005 arbeitet er selbstständig als Maßschuhmacher, seine Kunden kommen aus ganz Deutschland, viele sind so genannte Promis. David Garrett, Thomas Gottschalk, Alfons Schuhbeck – an der Wand im Verkaufsraum in der Parchimer Werkstatt hängen diverse Fotos. Trotzdem macht Kay Gundlack sehr viele klassische Schuhe für Anzugträger, z. B. Jörg Woltmann, den Inhaber von KPM. Alle etablierten Maßschuhmacher haben ein bestimmtes Image, werden in eine Schublade gesteckt. Konservativ, überteuert, günstig, genial aber zuverlässig, zickig, solide aber langweilig, überkandidelt – solche Beschreibungen kursieren im Internet, sind aber mit Vorsicht zu genießen. Am Ende zählen nur die Schuhe, die man selbst bekommen hat.
Mein erstes Paar von Kay Gundlack hat auf Anhieb hervorragend gesessen. Ohne Probierschuhe. Das hat mich selbst überrascht, da ich eigentlich davon überzeugt bin, dass ein Maßschuh ohne Probierschuh nicht passen kann. Ich glaube das grundsätzlich immer noch. Kay Gundlack kriegt es aber trotzdem hin. Genau erklären kann ich das nicht. Vielleicht liegt es an seiner Ausbildung, vielleicht ist es Talent oder einfach nur Können. Als ich das zweite Paar bestellt habe, ging es deshalb auch nur um das Aussehen des Schuhs, der Leisten bedurfte keiner Änderung. Es ist schon gut ein Jahr her, dass ich das zweite Paar geordert habe, ich kann mich aber noch genau an den Besuch erinnern. Es war ein sehr milder Herbsttag, ich trug einen karierten Anzug und braunen Trilby. Nach Parchim fahre ich mit dem Auto, ich brauche gerade mal 45 Minuten.
Wir besprachen verschiedene Ideen, der Schuh sollte aber eine Profilsohle bekommen für den Winter. Wir waren uns schnell einig, dass ich wieder den Schaftschnitt des ersten Paares nehmen möchte. Doch aus was für Leder? Wir sprachen verschiedene Varianten durch, dann kamen wir irgend auf die Farbe Grün. Kay Gundlack fand die Idee gut und ging ins Lager, um ein paar Häute zu holen. Mit einem vorfreudigen Schmunzeln legte er ein Stück grünes Shell Cordovan auf den Tisch: „Shell Cordovan in British Racing Green von Horween in Chikago“. Das Leder gefiel mir sofort sehr gut. Kay Gundlack fand aber, dass dem Schuh etwas fehlen würde, wenn er komplett aus diesem Leder gefertigt wird. Deshalb schlug er für den Einsatz um die Schnürung grünes Kroko vor. Während ich noch überlegte, suchte eine Probe heraus und legte sie dann neben das Cordovan. Ich wäre nie auf diese Idee gekommen, sie gefiel mir aber. Später stellte sich heraus, dass meine Wahl mit langen Lieferzeiten verbunden war. Wir waren uns aber einig, dass sich das Warten lohnt.
Wenn ich in den folgenden Monaten an die Schuhe dachte, habe ich die Lederproben hervorgeholt, um mir das Leder ins Gedächtnis zu rufen. Trotzdem war ich ziemlich gespannt, als ich die Schuhe jetzt mit Tommi Aittala in Parchim abholen wollte. Lederproben sind das eine, der fertige Schuh etwas ganz anderes. Während Kay Gundlack die Schuhe aus dem Lager holte, machte Tommi Aittala schon ein paar Aufnahmen. Dann kam Kay Gundlack zurück. Er überreicht die fertigen Schuhe nicht einfach in einem Paar Stoffbeutel, der Kunde bekommt einen großen, signierten Schuhkarton. Der ist mit viel Seidenpapier ausgepolstert, neben den Schuhen liegen in dem Paket ein Glastigel mit passendem Pflegemittel und ein Holzschuhlöffel. Mein Tigel enthält grüne Schuhcreme aus Paris, der Deckel trägt Kay Gundlacks Signatur. Als ich die Schuhe aus dem Beutel zog, war ich sofort sehr angetan. Sie sehen noch besser aus, als ich es mir vorgestellt hatte. Und sie rochen wunderbar nach Bienenwachs. Das Kroko wirkt sehr dezent und harmoniert hervorragend mit dem grünen Cordovan. Das „British Racing Green“ wirkt schlicht vornehm. Die Passform der Schuhe war wieder ausgezeichnet, das orthopädische Fußbett stützt perfekt und dämpft den Auftritt optimal. Es bleibt auch beim zweiten Paar dabei: Kay Gundlack macht einen ungeheuer bequemen Schuh.