Private Trunkshow mit Saskia Wittmer in Berlin

Es ist warm Anfang Juni in Berlin. Wir sind in Zehlendorf verabredet, im Haus ihrer Familie. Vivian Saskia Wittmer empfängt uns an der Pforte und führt uns durch den Garten auf die Terrasse des in den 1920ern erbauten Wohnhauses im Cottage-Stil. Kurz vor uns ist ein weiterer Besucher eingetroffen. Seine Derbyschuhe aus Elefantenleder weisen ihn als Kunden von Vivian Saskia Wittmer aus. Als wir miteinander bekannt gemacht werden, wird er als Freund der Familie und der Werkstatt vorgestellt. Als Publizist und Eventveranstalter hat die Maßschuhmacherin in ihrer Anfangszeit unterstützt. Und natürlich auch als Kunde. Auch heute sieht er sich verschiedene Ledersorten an. Darunter auch einige sehr helle Häute, da er sich für ein weiteres Sommermodell interessiert. 

„Wie warm ein Schuh sich im Sommer anfühlt, hängt vor allem vom Schaftleder ab“, erklärt die in Berlin geborene Schuhmacherin. Wegen der Langlebigkeit füttert sie ihre Schuhe immer mit Leder, ein Futter aus Leinen, wie es englische Hersteller rahmengenähter Schuhe manchmal einsetzen, würde sie nicht verwenden. Sie empfiehlt stattdessen Ziegenleder oder feine Häute des Kängurus. „Ein Schuh aus Boxcalf ist bei 30 Grad zu warm.“ Die österreichische Variante des Sommerschuhs mit durchlöchertem Schaft kennt sie natürlich, als Schuhmacherin in Florenz ist das aber nicht ganz ihr Geschmack. Die Schuhe, die Vivian Saskia Wittmer in Berlin trägt, sind auch aus Känguru gefertigt. „Die sind auch in Florenz bei über 30 Grad noch angenehm.“

Vivian Saskia Wittmer hat geschafft, was in Italien doppelt schwierig ist. Sich mit einer Maßschuhwerkstatt in einem Land zu etablieren, das sich als führend in Sachen Herrenmode sieht. Und das als Frau. „Es gibt immer noch Männer, die mit einer Maßschuhmacherin ein Problem haben, die kann ich nur schwer als Kunden gewinnen“. Dafür scheint es aber sehr viele Männer zu geben, die ihre Füße gern einer Schuhmacherin anvertrauen. „Die kommen nach wie vor zum großen Teil aus dem Ausland, einige arbeiten in der Modebranche und nutzen den Besuch der Pitti Uomo, um Schuhe zu bestellen. Viele dieser Kunden sind während der Pandemie ausgeblieben.“

Vivian Saskia Wittmer hat geschafft, was in Italien doppelt schwierig ist. Sich mit einer Maßschuhwerkstatt in einem Land zu etablieren, das sich als führend in Sachen Herrenmode sieht. Und das als Frau. „Es gibt immer noch Männer, die mit einer Maßschuhmacherin ein Problem haben, die kann ich nur schwer als Kunden gewinnen“. Dafür scheint es aber sehr viele Männer zu geben, die ihre Füße gern einer Schuhmacherin anvertrauen. „Die kommen nach wie vor zum großen Teil aus dem Ausland, einige arbeiten in der Modebranche und nutzen den Besuch der Pitti Uomo, um Schuhe zu bestellen. Viele dieser Kunden sind während der Pandemie ausgeblieben.“

Vivian Saskia Wittmer ist optimistisch eingestellt. Ihre Vermieter waren sehr kooperativ, sie hatte viel Zeit, neue Musterschuhe zu bauen und auch während des Lockdowns gab es am Ort neue Kunden. „Ein sehr gut gekleideter Franzose kam immer wieder in mein Geschäft. Zuerst schaute er nur, dann brachte er mit wunderschöne alte Maßschuhe zur Reparatur. Er hatte sie von seinem Vater geerbt. Dann interessierte er sich für die Schuhpflege und wollte sich von mir die Wasserpolitur zeigen lassen. Dafür war er aber zu ungeduldig und brachte schließlich seinen Sohn zu mir, dem ich es zeigen sollte. Irgendwann hat er dann begonnen, bei mir Schuhe zu bestellen. Sicherlich auch ein wenig, um mich zu unterstützen.“

Schon bei unserem Besuch bei Vivian Saskia Wittmer in Florenz hat sie betont, dass sie die exzentrischen Kunden besonders liebt. Natürlich hat sie nichts dagegen, wenn jemand nach dem ersten Paar ein halbes Dutzend Schuhe bestellt. Sie bedient aber die Enthusiasten, die vielleicht nur ein einziges Mal in ihrem Leben Schuhe machen lassen oder nur alle paar Jahre ein neues Paar bestellen, mit der gleichen Hingabe und Begeisterung. „Die Freude, die jemand an Schuhen hat, die ihm absolut zusagen, ist für mich eine riesige Motivation.“

Aufgrund ihrer Arbeitsweise konnte sie zu Beginn des Lockdowns noch viele Bestellungen weiterbearbeiten. „Wenn ich bei dem Kunden schon die Maße genommen hatte und alles besprochen war, konnte ich ihm den Schuh zur Probe nach Hause schicken. Wenn gar nichts oder nur wenig zu ändern war, konnte ich die Schuhe ohne ein weiteres Treffen fertigstellen.“ Vivian Saskia Wittmer, die bei Deutschlands anerkanntestem Maßschuhmacher Benjamin Klemann gelernt hat, baut keinen Probeschuh. Sie lässt die Kunden stattdessen den Originalschaft anprobieren, bevor sie die Laufsohle aufdoppelt. Der Schuh besteht in diesem Stadium also aus dem kompletten Oberteil mit Schaft, Brandsohle und Rahmen. „Ich bevorzuge diese Methode, weil der Kunde das probiert, was er später auch bekommt.“ Tatsächlich unterscheiden sich Probeschuhe, die aus einem Restlederstück, einer provisorischen Sohle und einem vorläufigen Absatz aus Kork gefertigt sind, vom Tragegefühl oft erheblich vom Endprodukt. Das muss kein Problem sein, es gibt aber Fälle, in denen die Abweichung zwischen Probeschuhe und fertigem Schuhe vom Kunden als erheblich empfunden wird.

„Der Lockdown in Italien war sehr streng“, berichtet sie. „Wir konnten uns nur mit Passierschein bewegen“. Umso mehr genießt sie die zurückerlangte Freizügigkeit. Nach Berlin ist sie mit dem Auto gefahren. Das liegt vor allem daran, dass sie ihre Musterschuhe mitbringen musste. Sie fährt allerdings auch gern Auto und sie macht die Strecke von Florenz auch in einem Rutsch. Deshalb überlegt sie auch, ab jetzt häufiger Trunkshows in Berlin anzubieten und die dann größer zu bewerben: „Dieses Mal treffe ich alte Kunden, die lange nicht nach Florenz kommen konnten. Wenn in Zukunft neue Kunden hinzukommen, hätte ich nichts dagegen.“ Und wer mag, kann den Schuh in Florenz probieren. Wenn dafür keine Zeit ist, schickt Vivian Saskia Wittmer ihn gern zu. „Wer unsicher ist, kann mir gern Fotos oder Videos schicken, dann ist es fast wie eine Anprobe bei mir im Atelier. Allerdings kann ich die Reise nach Italien sehr empfehlen¡, fügt sie schmunzelnd hinzu. „Ich gebe auch gern Restauranttipps“.