Schuhpflegetipps von Korbinian Ludwig Heß

Der Berliner Maßschuhmacher hat seit einiger Zeit eine kleine Kollektion von Hand rahmengenähter Konfektionsschuhe im Angebot. Jetzt bekommt man bei ihm auch eine Schuhpflegebox aus Holz, bestückt mit Tuch, Bürsten und Pflegemitteln. Letztere kann man sich passend zum eigenen Bedarf aussuchen. Die Premiere der Box war Anlass für ein Gespräch über Schuhpflege, bei der Korbinian Ludwig Heß praxisnahe Ratschläge gegeben hat.

Bernhard Roetzel: Fangen wir mal mit den Pflegemitteln an. Worauf muss man da achten?

Korbinian Ludwig Heß: Ganz wichtig ist es, egal welches Pflege Sie verwenden, dass Sie wenig nehmen. Immer sparsam. Manche Leute wollen ihre Schuhe winterfest machen, indem sie Unmengen von Fett draufgeben, das geht aber hinten los. Das Leder wird dann irgendwann brüchig und verliert die Form. Mit Schuhcreme immer langsam, vorsichtig, wenig.

Und welche Art von Pflegemittel empfehlen Sie?

Bei Schuhpflege hat jeder so sein Ding. Da gibt es auch kein richtig und kein falsch. Ich arbeite arbeite am liebsten mit den Produkten von Saphir, mit denen wir auch unsere Schuhpflegebox bestücken. Sie können sich ganz nach Wunsch Ihre Tiegel und Dosen dafür aussuchen. Die Box ist ein Angebot, jeder macht ein bisschen was anderes damit.

Was finden wir in dieser Box hier?

Creme und die Paste mit dem Wachsanteil. Wir verwenden zuerst unsere Creme, die enthält ganz viele Farbpigmente, frischt damit die Farbe auf und sie nährt das Leder. Danach die Paste mit dem Wachsanteil. Die schützt den Schuh und sie bekommen nur damit den Hochglanz hin. Das Wachs legt sich wie eine Zuckergussschicht über das Leder, so kommt das Wasser da nicht mehr so leicht rein. 

Was können Sie zur Farbe der Cremes oder Pasten sagen? Man kann braune Schuhe ja farblich verändern.

Ich pflege meine Schuhe nie mit Creme in der Farbe der Schuhe. Ich gebe einem braunen Schuh lieber eine Rotstich oder ich nehme blaue Creme für schwarzes Leder. Das gibt dem Schuh einen leichten Schatten und später Patina. 

Was gibt es zu den Bürsten zu sagen?

Wenn man eine Bürste bei einem Schuh verwendet, auf den man Wachs aufgetragen hat, dann sollte man sie nur dafür verwenden. Ein bisschen Wachs bleibt immer hängen Wenn man damit dann auf ein Nubuk oder ein anderes Rauleder geht, dann ist das nicht gut. Ich verwende allerdings fast gar keine Bürsten, ich arbeite immer mit dem Tuch. Bis auf das Reinigen, da nehme ich schon mal die Bürste. Und für die Stellen zwischen Schaft und Rahmen oder für die Nähte. Es braucht ein bisschen Übung bis man mit dem Tuch den Glanz hinbekommt und da nicht Schlieren stehen bleiben. Aber mit einer großen Polierbürste bekommt man den Hochglanz eben nur halb hin. Wenn man extremen Glanz möchte, dann haben wir „Mirror Gloss“ von Saphir vorrätig. Das ist aber wirklich für Fortgeschrittene.

Diese etwas härte Bürste in der Box könnte man auch als Schmutzbürste nehmen, oder?

Ja, damit kann man erstmal Staub, Sand oder Gras entfernen. Ich bürste damit übrigens auch die Aufschläge meiner Hosen aus. Danach würde ich einen nassen Lappen nehmen, da muss man keine Berührungsängste haben. Sie können auch einen Küchenschwamm verwenden. Allerdings nicht die kratzige Seite, mit der man die Töpfe reinigt. Einfach den Schmutz runterwischen wie von einer Tischplatte. Danach trocknen lassen, das ist wichtig. Niemals an der Heizung. Immer bei Zimmertemperatur. Und dann Creme und Paste wie eben beschrieben.

Was halten Sie von Pflegemitteln für die Sohle? 

Mit einer Ledersohle würde ich überhaupt nichts machen. Eine Ledersohle einzuölen – das ist für mich so ein Ding, um das nächste Produkt verkaufen zu können. Für mich hat das keinen Sinn. Wenn die Ledersohle nass ist, dann den Schuh auf die Seite legen, damit die atmen kann. Schuhspanner rein und fertig. 

Schuhspanner ist ein gutes Stichwort…

Das ist das wichtigste überhaupt.Man kann die Schuhe pflegen wie man will, wenn man nicht den richtigen Schuhspanner hat, passiert überhaupt nichts. Da geht der Schuh irgendwann kaputt.

Sie haben in unserem Buch „Handgemachte Herrenschuhe“ Zeitungspapier empfohlen als Ersatz.

Zeitungspapier ist eigentlich das beste. Es gibt Leute, die basteln sich daraus sogar Schuhspanner. Die stecken vorn in den Schuh unten hinten in die Fersenkappe Zeitungspapier und dazwischen dann einen Stab oder einen Löffel für die Spannung. Kann man alles machen. Aber Zeitungspapier ist aber wirklich super, weil es erstens Feuchtigkeit aufsaugt und zweitens kann man es sehr genau steuern, wo man es hindrückt. So bekommt man sogar Falten aus dem Leder raus. Deswegen ist Zeitungspapier besser als ein Schuhspanner, der nicht richtig passt.

Wie stramm sollen Schuhspanner sitzen?

Gucken Sie einfach den Schuh von der Seite an. Er darf nicht überstreckt werden, die Spitze darf sich nicht weiter nach unten biegen, als sie das Anfang, als der Schuh neu war, getan hat. Der klassische Fehler, den man mit Spannern macht, die nicht nach Maß gefertigt sind, sieht man an der Ferse. Dann wird die Ferse des Schuhs durch den Spanner so weit nach hinten gedrückt, dass sie ganz schmal ist und über den Absatz hinausragt. Dann bricht irgendwann die Hinterkappe, weil die Konfektion nicht aus Leder ist. Deshalb lieber Zeitungspapier. 

Die Spanner für Ihre Maßschuhe passen natürlich ganz. Wie wird da die Spannung reguliert?

Wir verwenden keine Spanner mit Gelenk, weil die das Futter und die Nähte der Ferse abnutzen. Egal, wie glatt das Holz poliert wurde. Wir haben dreiteilige Spanner, die bestehen aus einem Block für die Ferse, dem Vorderteil und einem Teil für die Mitte. Wenn sie das herausnehmen, können sie beiden anderen Teile ohne jegliche Reibung herausnehmen. 

Sollte man den Spanner in den vom Tragen noch warmen Schuh stecken?

Ja. Man kann sich das so vorstellen: Wenn man den Schuh den ganzen Tag trägt, wird er feucht und warm, dadurch dehnt sich das Leder ein bisschen aus. Wenn man den Schuh dann auszieht, zieht sich das wieder zusammen. Dabei kann sich das Leder an manchen Stellen in eine falsche Richtung zusammenziehen, also in eine Falte. Deswegen sollte man den Schuhspanner immer in den feuchten und warmen Schuh geben, damit das Leder sich in die ursprüngliche Form zusammenziehen kann. Und wie gesagt: Nie auf die Heizung legen. Beim Autofahren aufpassen mit Gebläse. Wenn Sie im Wald spazieren waren und richtig nasse Schuhe haben, dann ist es nicht gut, wenn die heiße Luft während der Fahrt das Leder austrocknet. 

Wie pflegt man Rauleder?

Schwieriges Thema. Da kann nicht wahnsinnig viel machen. Kommt natürlich darauf an, was es für ein Rauleder ist. Bei geöltem Nubuk, wie bei diesem Cowboystiefel, kann man viel machen.  Bei einem Rauleder wie bei diesem Loafer ist es dagegen problematisch. Also einem Leder, bei die nach innen weisende Seite der Haut verwendet wird. Man imprägniert es halt. Und zwar sofort bevor man es viel anfasst. Und dann einfach ein bisschen Mühe geben, dass nichts passiert. Nässe ist nicht das Problem, sondern Fett. Mit solchen Schuhen würde ich nicht kochen, wenn da Olivenöl draufkommt, ist das nicht so gut. Man kann es mit Talkumpuder versuchen, der kann das Fett ein wenig aufsaugen, danach bürstet man ihn ab. Das macht man aber nur auf hellem Rauleder. Bei Staub und Schmutz kann man gut eine Bürste nehmen, wie die aus unserer Box. Vorausgesetzt, da ist noch kein Wachs von einer Paste dran. 

Schneeränder?

Erstmal würde ich mit Raulederschuhen nicht in den Schnee gehen. Wenn es doch passiert ist, dann nur mit destilliertem Wasser arbeiten. Normales Wasser macht wieder neue Ränder durch Kalk und Mineralien, die da drin sind. Also auswaschen mit destilliertem Wasser, man kann da auch einen Schuss Zitronensaft dazugeben. Das bleicht ein bisschen.

Also bei der Planung der Schuhgarderobe und bei Kauf oder Bestellung gleich Einsatz des Schuhs mitbedenken.

Ja, ich warne die Kunden auch manchmal, wenn sie sich ein ungeeignetes Leder aussuchen.

Was raten Sie bei Cordovan?

Es gibt von Saphir eine extra Creme für Pferdeleder. Aber auch da immer vorsichtig dosieren. Wenn Sie die brauchen, können Sie sich das für die Shoebox bestellen. Sie können dann auch mit dem „Mirror Gloss“ auf die Spezialpflege für Cordovan draufgehen, das ist kein Problem. Cordovan hat aber schon so einen schönen Glanz wenn man das richtig reibt. 

Noch ein Tipp zum Schluss?

Das Futterleder. Nach einer gewissen Zeit sollte man es auch pflegen. Das Futterleder wird eigentlich mehr strapaziert als das Oberleder. Da kommt der Schweiß dran, dann trocknet es wieder. Außerdem der Wechsel von warm und kalt. Wenn man sieht, dass das Leder ausgetrocknet ist, kann man das mit einem Mittel pflegen, das wir speziell dafür empfehlen. Da ist Macadamiaöl drin, das riecht auch sehr gut. 

Vielen Dank.