Die Buchbranche spricht von „Longseller“, wenn ein Titel über Jahrzehnte erfolgreich ist. In der Mode würde der britische Look diesen Titel verdienen. Seit über 120 Jahren zeigen sich Herren gern in Stoffen, Strick und Schuhen von den Inseln. Über stilistische Grenzen hinweg. Der britische Look ist nicht allein in der Welt der klassischen Herrenmode zu Hause, er ist auch Teil des Modemainstreams und in verschiedenen Nischenlooks präsent. Besonders viele Liebhaber des britischen Modestils finden sich in Deutschland, doch auch Italien ist bei der Garderobe sehr anglophil. Wobei sich der Umgang mit den britischen Klassikern in beiden Ländern sehr unterscheidet. Die Deutschen sind eher konservativ bei der Wahl der Muster und Farben, lieben auch die sportliche Seite. Die Italiener kombinieren gern britische Wetterkleidung mit dem Businesslook und sind beim Einsatz der Farben wagemutiger und innovativer. Was sich inzwischen aber viele bei ihnen abgucken. Sehr italienisch ist die Kunst, Braun und Blau miteinander zu mischen. Die ist zwar vom Ursprung her eine britische Idee, über Italien ist diese Kombination aber auch in Deutschland heimisch geworden. Braune Schuhe zum blauen Anzug sind ein Beispiel für eine solche Kombination. Braun und Blau geben aber noch mehr her. Was wir mit dem Outfit, das wir aus dem aktuellen Herbstkatalog von The British Shop zusammengestellt haben, zeigen möchten.
Im Zentrum steht wieder ein Tweedsakko, das Basic aller Basics in dieser Stilrichtung. Das Tweedsakko ist so zeitlos wie unentbehrlich. Mit grauen Flanellhosen kombiniert ist es bei sehr vielen Anlässen eine gute Alternative zum Anzug. Mit Jeans ergibt sich das Smart-Casual-Outfit schlechthin und genau auf der Mitte zwischen diesen beiden Polen der Förmlichkeit liegt die Kombination mit der Kordhose. Wie jedes Jahr gibt es bei The British Shop eine Reihe von Tweedsakkos zur Auswahl, mir gefiel das Modell von Charles Robertson aus Donegal Tweed am besten. Nicht zuletzt wegen der Kragenspange und der aufgesetzten Pattentaschen. Der Tweed stammt von der Weberei John Hanly in Tipperary, ist also echt irisch. Typisch für Donegals sind die vielen Farbeinsprengsel, die nur aus der Nähe erkennbar sind. Sie machen den Stoff interessant und laden zu einer Vielzahl von Farbkombinationen ein. Das Sakko ist mit „patches“ ausgestattet, also Lederflecken an den Ellenbogen. Die würde ich allerdings abtrennen und beiseite legen, bis der Stoff an den Ellenbogen fadenscheinig wird. Was bei einem Donegal eine Weile dauert.
Für die Kordhose zu einem solchen Tweedsakko sind die Standardfarben immer noch Beige, Rost, Dunkelbraun oder Tanne. Einige wenige trauen sich Rottöne, Gelb oder Orange. Oder eben Blau – was zu diesem Sakko auch mein Favorit ist. Aber nicht einfach nur Marine, sondern ein etwas helleres Blau, das hier „royal blue“ heißt. Es hat den Vorteil, dass es nicht ganz so förmlich wirkt, außerdem bringt es die Struktur des Genua-Kords besser zur Geltung. Die Hose stammt aus der Heritage-Kollektion von Hiltl, der deutschen Hosenmanufaktur, über deren Produktionsstätte wir schon berichtet haben. Die Hose ist mit Knöpfen aus echtem Horn ausgestattet und einem attraktiven Innenfutter. Sie ist mit flachem Bund geschnitten und mäßig schmalem Hosenbein, die Fußweite beträgt (rundherum gemessen) 40 cm. Der Stoff hat einen sehr weichen, hochwertigen Griff, er besteht zu 100 Prozent aus Baumwolle. Im Katalog stieß mir diese Hose beim Durchblättern sofort ins Auge. Dazu würde ein hellblaues Oxfordhemd passen, außerdem, für den sehr ländlichen Look, ein Hemd mit Tattersall-Karo. Beides erschien mir aber nicht so spannend wie ein Tartanhemd. Einen amerikanischen Akzent setzt der Button-Down-Kragen, der zu dem schottischen Karo sehr gut passt. Er bringt einen Hauch von Ivy-League-Look in das Outfit. Die Kombination aus Tweed und Karohemd verlangt meines Erachtens nach einem einfarbigen Binder aus Wollstrick, z. B. in Dunkelblau oder Weinrot. Wer auf ihn verzichten will, kann das Hemd natürlich auch offen tragen.
Im Herbst sind Wetterjacken ein großes Thema bei The British Shop, so gibt es immer auch einen eigenen Barbour-Katalog. Allerdings wollte ich das Outfit in eine andere Richtung abrunden, deshalb habe ich mich für den dunkelblauen Peacoat von Wellington of Bilmore entschieden. Das Tuch, aus dem er geschneidert ist, besteht zu 90 Prozent aus Schurwolle mit 10 Prozent Kaschmir-Zugabe für den etwas weicheren Griff und vielleicht auch eine Spur mehr Leichtigkeit. Der Peacoat stammt – needless to say – aus Großbritannien, seine Geschichte reicht bis ins späte 19. Jahrhundert zurück. Seitdem hat sich der Marine-Kurzmantel in ganz Europa und den USA als Modeklassiker etabliert. So gesehen ist er ähnlich wie der Dufflecoat einzuordnen, dessen Geschichte auch eng mit der Royal Navy verbunden ist. Allerdings wirkt der Peacoat sportlicher und irgendwie kerniger. Als Kurzmantel streckt er die Figur und sieht besonders gut mit etwas schmaleren Hosenbeinen aus.
Wie immer bei Klassikern im britischen Stil sind auch die Einzelteile der heute gezeigten Kombination mit vielen anderen Basics kombinierbar. Das Sakko mit Flanellhose oder heller Winterbaumwolle. Das Hemd mit Chinos oder Denim. Die Hosen mit Marineblazer oder schwerem Strick. Und der Caban mit allem von Casual bis förmlich.