Seit Ende der 1990 Jahre kenne ich den Hemden-Designer Ignatious Joseph. Kaum eine Herrenmodemesse, bei der wir uns nicht begegnet sind. Ob in Italien, Deutschland, England oder Frankreich. Zusätzlich haben wir uns immer wieder einmal zum Mittagessen auf einen Tee verabredet.


Ignatious Joseph ist ein spannender Gesprächspartner, der seine Meinung über Herrenmode, Stil und Bekleidungskultur sehr griffig zu formulieren weiß. Sein persönliches Markenzeichen waren von Anbeginn an seine roten Maßschuhe. Wenn er darauf angesprochen wird und jemand fragt, woher die Schuhe kommen, dann sagt Ignatious Joseph manchmal mit ernstem Gesicht: „Von Aldi“. Um dann laut loszulachen. Ignatious Joseph hat Sinn für skurrilen Humor, was mir sehr sympathisch ist.
Die Bekanntheit von Ignatious Joseph in der Modewelt gründet aber nicht auf seine Vorlieben bei Schuhen, vielmehr auf den Hemden, die weltweit an Top-Adressen zu haben sind. Im Regal sind sie sofort an den gelben Hemdenschachteln zu erkennen – auch hier zeigt sich sein Talent für den markenprägenden Einsatz von Farbe. Wie auch bei den Hemden selbst. Das typische Hemd von IGN. Joseph ist mehrfarbig dessiniert, der leicht gespreizte Kragen ist breit und hoch geschnitten und unverklebt verarbeitet.


Für viele Fans dieser Hemden sind sie der Inbegriff italienischer Eleganz. Wer die britische Hemdenkultur kennt, sieht eher den Einfluss des englischen Gentleman-Stils und der Jermyn Street. Denn auch dort sind die Hemdkragen traditionell eher etwas größer und ebenfalls unverklebt. Dieser Einfluss überrascht nicht, wenn man weiß, dass Ignatious Joseph in Sri Lanka aufgewachsen ist. Der britische Einfluss war damals noch sehr stark spürbar. Ignatious Joseph hat ihn sehr gekonnt mit dem italienischen Look kombiniert und daraus eine sehr erfolgreiche Marke kreiert.
Vor kurzem hat Ignatious Joseph seine Webseite gestartet. Dort präsentiert er aber nicht nur Hemden. Was er dort zu entdecken gibt und warum, das hat er uns in einem exklusiven Interview verraten.
Feine Herr: Man kennt Sie seit vielen Jahren als „den Mann mit den roten Schuhen“. Und natürlich wegen Ihrer Hemden. Wann sind Sie auf die Idee gekommen, Ihre Kollektion zu erweitern und Online anzubieten?
Ignatious Joseph: In über 20 Jahren hat sich der Kontakt zu Kunden weiterentwickelt. Ich bin oft über das Hemd hinaus nach Details gefragt worden. Wir haben einen Umbruch erlebt, insofern dass sich der klassische Herrenausstatter nicht mehr allein auf die Besucher seines Ladengeschäfts verlassen kann. Zudem ist der tatsächliche Markt für geschmackvolle, „effortless elegance“längst international geworden. Daher war es folgerichtig, meine Kollektion digital zu vermarkten, vor allem auch um das Gespräch rund um Stil unter den jüngeren Generationen zu fördern.



Gibt es diese Produkte exklusiv nur dort oder auch in Geschäften?
Man muss bei der Online-Vermarktung eine Grundsatzentscheidung treffen. Ich bin der Meinung, dass ein anständiger Kaufmann weder mit sich selbst noch mit seinen Geschäftspartnern in Konkurrenz treten soll. Ich will zu Beispiel nicht, dass Kunden in den Laden gehen, sich beraten lassen, aber schließlich online kaufen, um Geld zu sparen. So habe ich mich entschieden, über den Web-Shop zu verkaufen. Exklusivität herrscht dort auch.
Was sind die Lieblingsteile aus Ihrer Kollektion?
Über die Jahre ist meine Liebe zu schöner Kopfbedeckung immer stärker geworden. Im Norden spielt der feine Haarfilz-Hut eine große Rolle. Seit ich mich mehr in den sonnigen Regionen der Welt aufhalte, weiß ich den gepflegten Strohhut immer mehr zu schätzen.
In Deutschland geht es ja immer lässiger zu. Spiegelt sich die Casual-Kultur in Ihrer Kollektion wider?
Was heißt „lässig“? Ich wähle passende Bekleidung nach dem Anlass. „Effortless elegance“ stand nie im Widerspruch zu entspanntem Verhalten und informellen oder sogar eher sportlichen Anlässen. Wenn wir von „lässig“ sprechen, sollten wirklich nicht die Bandbreite zwischen „zulässig“ und „fahrlässig“ außer Acht lassen. Wenn wir eine Situation nicht richtig würdigen, auch mit unserer Garderobe, dann schaffen wir eine unangenehme Spannung. „Lässige“ Kleidung bedeutet nicht zwingend bequem oder angemessen. Ich finde nach wie vor, dass Aufmerksamkeit in Bezug auf die Bekleidung der beste Weg zu Gelassenheit ist – und auch zu dem gesellschaftlichen Zustand des gegenseitigen Respekts, zu dem wir uns hoffentlich alle verpflichtet fühlen.
Warum sind Produkte „Made in Italy“ weltweit so begehrt?
„Made in Italy“ ist weltweit begehrt, da bislang das italienische Handwerk noch handwerkliche Fertigkeiten und hochwertige Grundmaterialien zu vereinen weiß. Dies hat sehr viel mit traditionellen Familienwerten zu tun, die immer noch von der Mehrheit der Weltbevölkerung hoch geschätzt sind. Natürlich tragen Jahrzehnte solider Vermarktung zu diesem Erfolg bei. Ich bin selbst stolz, auch zu diesem Erfolg beitragen zu können.
Wo trifft man Sie außer in Italien noch an in der Welt?
Ich bin gerne, wo die Sonne im Meer versinkt.
Welche Stil-Tipps haben Sie für unsere Leser?
Ein Freund von mir sagt immer über das Lernen von Fremdsprachen: „Schließlich ist es einfach, in jeder Sprache still zu bleiben.“ Wenn ich das analog auf Stil umsetze, heißt das,Stil kommt aus Selbsterkenntnis und Kommunikationsbereitschaft. Ein Stil lebt von der Verbindlichkeit, mit dem er realisiert wird. Stichwort: Authentizität.