Passt schon. Der Guide zum guten Sitz

Zu lang oder zu kurz? Schon bei der richtigen Länge des Sakkoärmels sind sich viele Männer unsicher. Und auch Verkäufer geben nicht immer korrekt Auskunft. Wir erklären, wie alles richtig passt.

Ein Anzug ist immer nur so gut, wie er sitzt. Der beste Stoff nützt nichts, wenn die Ärmel zu lang sind, die Gesamtlänge nicht stimmt und die Hosenbeine sich in Ziehharmonikafalten legen. Wer nicht weiß, wie der Anzug sitzen soll, muss sich auf eine gute Beratung beim Kauf verlassen. Leider sind wirklich kompetente Verkäufer rar. Bei der Ausbildung steht die klassische Kleidung nur selten im Vordergrund. Wer die Grundregeln selber kennt, macht sich unabhängig von Beratung und kann auch bei Angeboten schnell entscheiden, ob sich der Kauf lohnt. 


Passform beginnt mit der Auswahl der richtigen Konfektionsgröße. Die Konfektionsgröße richtet sich grundsätzlich nach dem Brustumfang. Der Brustumfang in cm gemessen geteilt durch zwei ergibt die Größe. Beispiel: Brustumfang 100 cm = Konfektionsgröße 50. Aber nur, wenn auch die Körpergröße ins Raster passt, sie liegt bei Größe 50 zwischen 1,74 m und 1,79 m. Wer bei gleichem Brustumfang kleiner ist, braucht die so genannte „untersetzte“ Größe 25 (Größe 50 : 2 = 25). Wer größer ist als 1,79 m beim selben Brustumfang, benötigt die 98 oder 102. Und dann gibt es auch noch die so genannten „Bauchgrößen“. Sie kommen ins Spiel, wenn die Taille mehr Umfang hat als die Brust. Bei Brustumfang 100 cm wäre dann die Größe 51 angebracht. Englische und amerikanische Konfektion ist etwas einfacher von der Benennung her, dort gibt es zu jeder Größe den Zusatz R, S und L. R steht für „regular“, S für „short“ und L für „lang“. Unserer Größe 50 entspricht in England oder in den USA die 40, eine 40R wäre unsere normale 50. 40L ähnelt unserer 98 oder 102 und die 40S unserer Kurzgröße 25. 

Die Konfektionsgröße zu kennen, ist ein wichtiger erster Schritt. Ansonsten kann sie der Verkäufer durch Messen des Brustumfangs leicht ermitteln. Erfahrene Profis können das auch per Augenmaß. Allerdings ist korrekte Größe keine Garantie dafür, dass einem der Anzug passt. Die Größe 50 des einen Herstellers fällt anders aus als die 50 eines anderen. Deutsche Anzüge fallen eher groß aus, italienische Anzüge eher klein. Wenn jemandem eine deutsche 48 passt, dann wird er in Italien eher eine 50 brauchen. Im Großen und Ganzen ist die Konfektionsgröße aber ein guter Ausgangspunkt. Schwierig wird es, wenn der Umfang der Brust unverhältnismäßig viel größer ist als der Umfang der Taille. Sprich, Männer mit Bodybuilderfigur haben Probleme beim Anzugkauf. Wenn die Brust genug Platz hat, ist die Jacke meistens viel zu lang. Am besten sind schmal gebaute Männer mit Konfektion bedient oder auch Herren mit Bauch. Kraftsportler brauchen dagegen eher Maßanfertigungen. 

Wenn man die richtige Größe gefunden und angezogen hat, sollte man sich die Passform im Detail ansehen. Voraussetzung dafür ist ein großer Spiegel mit schwenkbaren Seitenteilen oder eine Anprobe mit Rundumverspiegelung. Zunächst gilt es, die Gesamtlänge der Anzugjacke zu betrachten. Sie ist korrekt, wenn das Gesäß bedeckt ist und der Schließknopf auf oder ein Stückchen über dem Bauchnabel sitzt. Dort befindet sich nach dem goldenen Schnitt die optische Körpermitte. Die Position der Taschen und Knopflöcher wird in Relation zur Gesamtlänge festgelegt, würde sie geändert, säßen Taschen und Knöpfe zu hoch oder zu niedrig. Manchmal wird geraten, die Finger bei herabhängenden Armen einzurollen und um den Sakkosaum zu legen. Wenn der Saum genau in den eingerollten Fingern liegt, soll die Jacke die richtige Länge haben. Aber Vorsicht: Wenn man sehr lange Arme hat, funktioniert das nicht. Ansonsten gibt es noch eine rechnerische Methode, die richtige Sakkolänge zu ermitteln: Körpergröße in cm abzüglich 100. Bei 180 cm Länge wäre das Sakko 80 cm lang (gemessen an der Rückseite ab Kragenansatz). Dieses Maß wäre vielen Käufern heute aber zu lang, Sakkos sind derzeit kürzer.

Nun wird die Passform an Kragen, Rücken und Schultern überprüft. Der Kragen sollte sich dicht an den Hals schmiegen, wenn nicht, lieber einen anderen Anzug in die engere Wahl nehmen. Änderungen am Kragen sind relativ kompliziert. Die berüchtigte Nackenfalte kann dagegen leicht behoben werden. Gemeint ist, dass sich der Stoff unterhalb des Kragens waagerecht nach oben schiebt und eine Querfalte bildet. Über dem Rücken muss der Stoff glatt anliegen, hinter den Armen sollte eine kleine Stoffreserve sichtbar sein. Ohne sie könnte der Träger die Arme nicht nach vorne bewegen (deshalb wird sie “Bewegungsfalte” genannt). 

Um zu sehen, ob die Jacke in der Taille die richtige Weite hat, wird sie geschlossen. Dann wird leicht am Knopf gezogen. Wenn sie zwei bis drei Zentimeter nach vorne schwingt, stimmt die Taillenweite, wenn sie mehr Spiel hat, ist sie zu weit. Um das zu ändern, wird an den Seitennähten Stoff herausgenommen. Die Taillenweite ist auch eine Frage des Stils und von Tragegefühl. Ich persönlich gehe danach, ob ich die Jacke mühelos schließen kann und dann aber trotzdem merke, dass sie geschlossen ist. Viele Männer verwechseln schneidermäßige Passform mit extremer Enge in der Taille. Wenn die Jacke über dem Bauch spannt und die Seitenschlitze aufklaffen, ist sie schlicht zu eng. 

Die richtige Ärmellänge ist eine wesentliche Voraussetzung für einen guten Gesamteindruck der Jacke. Enden die Ärmel an den Knöcheln, sieht das ganze Sakko zu groß aus, sind sie zu kurz, wirkt es zu klein. Korrekt ist die Länge, wenn das Hemd herausschaut. Je nach Geschmack und Körpergröße einen halben bis mehrere cm. Beim normalen Anzug von der Stange ist ganz einfach, die Ärmel zu kürzen oder zu verlängern. Der Änderungsschneider entfernt die Knöpfe am Ärmelabschluss, kürzt oder längt und näht sie an der neuen Stelle wieder an. Bei Anzügen mit aufknöpfbaren Ärmeln geht das natürlich nicht, denn die Knopflöcher lassen sich nicht verschieben. Deshalb sollten nur bei nach Maß gefertigten Jacken die Knopflöcher am Ärmel aufgeschnitten werden.

Bei der Hose geht es um die gefühlte Bequemlichkeit und die optisch richtige Passform. Am Bund sollte die Hose so sitzen, dass sie ohne Gürtel nicht rutscht aber nicht so stramm, dass sie einengt (also nicht mit vollem Magen einkaufen gehen). Um mehr als eine Größe sollten Hosen nicht enger gemacht werden müssen, sonst liegen die Gesäßtaschen zu dicht an der mittleren Naht. Ganz wichtig für den Gesamteindruck des Anzugs ist die Weite des Hosenbeins, doch nur die wenigsten wissen, dass sie ohne Probleme korrigiert werden kann. Änderungen werden unten am Saum abgemessen, deshalb ist bei Arbeiten an der Beinweite oft von der so Fußweite die Rede. Bei einer schmalen Röhrenhose ohne Bundfalten (Größe 50) beträgt die Fußweite etwa 20 cm, bei einer Hose mit Bundfalten etwa 22-25 cm. Änderungsschneider legen das Maßband komplett um das Hosenbein, deshalb geben sie die Fußweite mit dem doppelten Wert an. Kleine und stämmige Männer meiden allzu weite Hosen besser, sie stauchen die Figur. 

Die Fußweite sollte am besten zusammen mit der Gesamtlänge geändert werden. Hochwertige Hosen sind unten noch nicht umsäumt, wenn sie in den Verkauf kommen, damit die Länge exakt auf den Kunden abgestimmt werden kann. Wer nicht sicher ist, ob der Anzug mit oder ohne Umschlägen besser aussieht sollte ihn erst mit Umschlag ordern. Entfernen kann man die später immer noch. Wenn dagegen die Entscheidung für den glatten Hosenabschluss gefallen ist, reicht der “Einschlag” (also die nach innen geklappte Stoffmenge) oft nicht aus, um daraus Umschläge zu zaubern. Das Stoßband an der Innenseite des Saums ist verzichtbar. Exemplare aus Kunststoffgewebe können sogar den Schuh zerkratzen. 

Die Hosenlänge hängt vom Hosenschnitt ab. Weitere Modelle werden länger getragen, Röhren dagegen kürzer. Weitere Hosen sollten auf dem Spann einmal leicht einknicken. Der Saum endet an der Rückseite irgendwo zwischen der Mitte der Fersenkappe und dem Ansatz des Absatzes. Viele Verkäufer behaupten, dass die Hosen bis zur Mitte des Absatzes gehen sollen, das ist aber zu lang. Schmal geschnittene Hosen werden kürzer getragen. Sie setzen vorn ein kleines bisschen auf und reichen hinten über den Rand des Schuhs hinaus oder erreichen die Mitte der Fersenkappe. Oft hilft es, den Hosensaum anschrägen zu lassen, das Hosenbein vorne also kürzer als hinten zu machen.