Post-Corona Style

Die Verkaufszahlen sind eindeutig: Seit dem „Lockdown“ sind Anzüge und klassische Oberhemden nur schwer an den Mann zu bringen. Allenfalls unstrukturierte Sakkos und sehr sommerlich-lässige Anzüge, die man auch gut als Teil eines smarten Casuallooks tragen kann, werden gekauft. Bedeutet dies das Ende des Büro-Dresscodes? 

Der förmliche Anzug war noch in den 1970ern fester Bestandteil der Alltagsbekleidung, jedenfalls bei der damals älteren Generation. Die bestand zu dieser Zeit noch aus Geburtsjahrgängen aus den 1920-1940er Jahren. Auf Fotos vom Straßenbild oder Fernsehaufnahmen von Passanten sieht man ältere Herren meistens im Anzug mit Krawatte, im Winter mit Mantel und Hut. Im krassen Gegensatz dazu der Look der Jüngeren mit langem Haar, Jeans, weit aufgeknöpftem Hemd oder Blousons. Im Büro trugen auch die jungen Erwachsenen noch ganz brav Anzug oder wenigstens Sakko. 

Die 1970er liegen für jüngere Leser natürlich sehr weit zurück, insofern taugen sie nur bedingt als Maßstab für das Heute. Seit den 1980ern und 1990ern hat das strenge Anzugoutfit langsam an Bedeutung verloren. Doch bis Anfang 2020 hat er sich halten können. Selbst ganz junge Leute werfen sich zum Abi-Ball in Schale und Politiker fast jeder Richtung tragen nach wie vor dunklen Anzug. In den Büros geht es dagegen schon seit vielen Jahren weitgehend casual zu, was man morgens an der Kleidung der Pendlern in den Zügen, in der U-Bahn und im Bus ablesen kann. Anzüge sind die Ausnahme. Was auch mit dem deutschen Gesellschaftssystem und seinen Statussymbolen zu tun hat. Hierzulande fährt man ab einem bestimmten Einkommen nicht mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. 

Auch in den nächsten Monaten werden sicherlich viele Männer weiterhin zu Hause arbeiten und dort dann keinen Anzug tragen. Dies ist auch völlig verständlich. Die Zeiten, in denen ein Mann sich aus Prinzip und unabhängig vom Tagesgeschehen jeden Morgen rasierte, das Haar glattkämmte um dann Anzug, Hemd und Krawatte sowie blankpolierte Schuhe anzuziehen, sind seit langem vorbei. Männer, die sich auch nach Ende des Berufsleben als Privatmann weiterhin jeden Tag wenigstens eine Krawatte umbinden, sind so gut wie ausgestorben. Allerdings wird es auch wieder direkte berufliche Kontakte geben, Konferenzen und Kundenbesuche und in Loungewear wird man sie nicht absolvieren. Gefragt ist jetzt ein etwas lässigerer Business-Casual-Look. Den gibt es schon seit über 20 Jahren, so richtig gut kriegen ihn die Deutschen aber nach wie vor nicht hin. Richtig Freizeit, Sportswear oder Outdoor ist leicht. Oder dunkler Anzug, weißes Bügelfrei-Hemd ohne Krawatte und schwarze Schuhe – die Businessuniform in Deutschland. Beim Casual-Style kommt es aber auf die Zwischentöne an.

Die in diesem Sommer wichtigsten Basics für den legeren Allround-Businesslook sind das Polohemd, die Safarijacke, der Blouson sowie Sakko oder Brokensuit. Auf dem Abstellgleis stehen derzeit der Anzug, die förmlichen Schuhe und das klassische Hemd mit Krawatte. Wichtig beim legeren Businesslook sind die richtigen Signale. T-Shirt wäre zu lässig, ein Kragen muss sein. Er sollte aber weich ausfallen – deshalb ist das Polo perfekt und derzeit so beliebt. Oberhemd geht natürlich auch, wirkt aber gleich deutlich förmlicher. Ein weicher Pyjama-Kragen lässt das Hemd lässiger wirken. Je nach Situation und Temperaturen mit kurzen oder langen Ärmeln. Hemdsärmelig kann man gut am Lalptop sitzen und arbeiten, bei Besprechungen ist eine Jacke angebracht. Blouson wäre die sportlichste Option, das Sakko die förmlichste. Der Kompromiss und „best of both worlds“ ist die Safarijacke, ob aus Leinen, Baumwolltwill oder Jersey.