Morjas ist ein schwedisches Label, das rahmengenähte Schuhe für unter 300 Euro anbietet. Pennyloafer gehen bei 229 Euro los, Derbys kosten 249 Euro. Außerdem gibt es im Shop einen belgischen Loafer, der nicht rahmengenäht ist. Die Schuhe werden in Spanien gefertigt, der günstige Preis wird damit erklärt, dass Morjas „den direkten Weg zu Verbraucher gewählt hat“, es gibt „keine Einzelhändler“ und „keine unnötigen Zwischenhändler“. Diese Argumentation muss genauer erklärt werden.
Den direkten Weg zum Verbraucher wählen alle Hersteller, die ihre Schuhe direkt vertreiben. Das sind inzwischen praktisch alle Hersteller rahmengenähter Schuhe in England, Spanien, Österreich oder Frankreich. Der Unterschied zu dem Geschäftsmodell von Morjas besteht darin, dass die meisten Hersteller ihre Schuhe auch im Einzelhandel anbieten. Den Aufschlag, den der Einzelhändler nehmen muss, um seine Kosten zu decken und Gewinn zu machen, müssen die Hersteller beim Direktvertrieb ebenfalls nehmen, da sie sonst die Einzelhändler unterbieten. Morjas kann die Schuhe mit einem geringeren Aufpreis verkaufen, da sie keine Rücksicht auf die Marge von Einzelhändlern nehmen müssen.
Die Preisklasse von Morjas ist sehr spannend, da man unter 300 Euro oftmals nur durchgenähte Schuhe bekommt. Morjas spricht damit Einsteiger an, zugleich aber auch Träger teurerer Marken. Die Kommunikationsstrategie von Morjas unterstreicht den Premium-Anspruch dadurch, dass bei Instagram Meinungsbildner aus dem Luxussegment sich mit ihren Schuhen von Morjas zeigen, z. B. Luca Rubinacci. Für den Review habe ich mir einen limitieren Blucher aus sandfarbenem Rauleder ausgesucht. Er sprach mich an, weil er eine gute Ergänzung der sommerlichen Schuhgarderobe ist, was vor allem an der Art des Leders liegt.
Stilistisch bewegt sich dieser Derby irgendwo zwischen dem „Shannon“ von Church’s (der aus dem hochglänzenden Bookbinder-Leder gefertigt wird) und den klassischen amerikanischen Blucher-Modellen, wie man sie von Alden kennt. Die Farbe hat aber auch etwas von den amerikanischen „Bucks“, die für den Ostküsten-Sommerlook typisch sind. Ich sehe diesen Schuh im Zusammenhang mit hellen Baumwoll- oder Leinenanzügen, mit Chinos und Blazer oder leichtem Sportsakko oder auch für den Casual-Look mit Chinos, Hemd und Pullover. Denkbar wäre es auch, so einen Schuh im Sommer barfuß mit Bermudashorts, Buttondownhemd oder Rugbyshirt zu tragen.
Ein Test rahmengenähter Schuhe hat natürlich nur begrenzten Aussagewert, da sich die Qualität erst nach vielen Jahren erweist. Ich kann nur die Eindrücke wiedergeben, die ich in etwa 4 Wochen gewinnen konnte. Zunächst zu den äußeren Merkmalen. Die Schaft ist vollständig mit Leder gefüttert, die Brandsohle trägt die eingeprägte Aufschrift „Genuine Leather Insole“. Unter der Ferse spürt man ein dünnes Polster. Die Schaftöffnung ist mit einer Glattlederpaspel im Farbton des Rauleders versehen, was hochwertig wirkt. Das Futterleder ist hinter der Naht hinreichend ordentlich abgeschnitten, der optische Eindruck ist nicht anders als bei teureren Schuhen aus England.
Der Schuh hat eine doppelte Lederlaufsohle, die dunkelbraun angemalt worden ist. Man darf davon ausgehen, dass die Lederlaufsohlen in dieser Preislage nicht von Rendenbach sind. Der Absatz mit Gummiecke ist aus mehreren Schichten aufgebaut. Ihre Haltbarkeit wird sich erweisen müssen. Normalerweise würde ich so einen Schuh eher mit Gummilaufsohle kaufen, weil ich Ledersohlen inzwischen kaum noch trage. Die Ledersohlen passen aber gut zur sommerlichen Anmutung des hellen Rauleders. Die Schuhe sind mit einem „Stormwelt“ ausgestattet. Bei einem Raulederschuh mit Ledersohle ist der „Stormwelt“, zu Deutsch „Kederrahmen“, als dekoratives Element zu sehen. Normalerweise soll der Stormwelt einen wetterfesten Schuh gegen eindringendes Wasser abdichten. Kederrahmen sind typisch für derbe Schuhe mit Profilsohlen aus der Country-Kollektion englischer Hersteller, aber auch für amerikanische Blucher mit doppelter Ledersohle.
Ich habe realistische Erwartungen an die Passform von Konfektionsschuhen. Da ich sowohl Schuhe von der Stange und Maßschuhe trage, weiß ich die Eigenheiten der jeweiligen Schuhart zu schätzen. Maßschuhe sitzen generell exakter und dichter am Fuß, was bei ganzjährig getragenen Modellen dazu führen kann, dass sie bei großer Hitze und anschwellenden Füßen sehr eng sitzen. Konfektionschuhe sind von der Form etwas „allgemeiner“ gehalten, da sie vielen verschiedenen Fußformen passen müssen. Konfektionsschuhe sollten dennoch an Spann und Ferse so dicht sitzen, dass der Fuß nicht herum- oder herausrutschen kann. Vor den Zehen muss soviel Platz in der Kappe sein, dass sie nicht anstoßen, außerdem sollten die Zehen sich bewegen können. Dies trifft bei diesen Schuhen zu.
Das Leder war beim ersten Tragen relativ steif, ab dem zweiten Mal wurden sie aber weicher und passten sich danach mit jedem Tragen besser an. Nach etwa vier Wochen würde ich die Schuhe noch nicht als zu 100 Prozent eingetragen betrachten, das dauert bei rahmengenähten Schuhen viele Monate lang, abhängig von der Tragehäufigkeit. Stilistisch gefällt mir der Blucher sehr gut. Der Absatz ist im Vergleich zu den Schuhen, die ich sonst trage, relativ klobig, das liegt aber an seiner durch die doppelte Ledersohle bedingte Höhe. Vergleichbare Modelle von anderen Herstellern haben in der Regeln die gleiche Absatzform.
Bei dieser Art von Leder ist es zu empfehlen, dass man es vor dem ersten Einsatz imprägniert und auch danach regelmäßig ein Imprägnierspray einsetzt. Es sei denn, man trägt die Schuhe nur bei trockenem Wetter. Ich selbst habe die Schuhe noch nicht imprägniert und bin ein oder zweimal in der Regen gekommen und durch feuchten Gras gegangen. Nach dem Trocknen ließen sich die winzigen Pünktchen, die durch die Wassertropfen auf dem Leder sichtbar waren, leicht abbürsten. Insgesamt würde ich diesen Schuh als preiswert und attraktiv einordnen, die Passform ist, subjektiv auf meine Füße und Erwartungen bezogen, gut.