Der Buttondownkragen, der von seinem Ursprung her eigentlich „Polo collar“ heißt, wird in Deutschland meistens der Freizeitkleidung zugeordnet. Es ist nach wie vor vielen nicht bekannt, dass es durchaus im Sinne seiner Erfinder lag, ihn mit Krawatte zu tragen. Ich trage Hemden mit Polo-Kragen als Alternative zum Haifisch- oder zum Kentkragen mit Krawatte und Anzug oder dem Blazer. Allerdings würde ich einen Polo-Kragen nur zu einem Anzug oder Blazer mit abgerundeten, „natürlichen“ Schultern tragen, da die zu der Herkunft des Kragens und seiner etwas lässigeren Anmutung passen. Als dieser Kragen 1869 vom Ausstatter Brooks Brothers in den USA lanciert wurde, trugen die meisten Männer im Büro noch den steifen Stehkragen.
Im Handel wird den Kunden oft gesagt, dass der Polo-Kragen besonders gut ohne Krawatte aussieht, anders als der Haifischkragen, der angeblich mit Krawatte besser wirkt. Das sehe ich anders. Der Polo-Kragen ist erst mit Krawatte komplett, denn er war, wie alle klassischen Kragenformen, nur der Rahmen für die Krawatte. Viele Hemdenhersteller denken die Krawatte aber nicht mit, wenn sie einen Polokragen entwerfen, deshalb ist er oft zu niedrig und seine Spitzen sind zu kurz.
Ich bevorzuge einen etwas höheren Polokragen mit langen Schenkeln. Wenn man sie anknöpft müssen sie sich im oberen Bereich wölben und dann zu den Spitzen hin an die Hemdbrust anlegen. Diese Form heißt „soft roll Polo collar“. Der Kragen darf also keinesfalls eine steife Einlage habe. Ein Hemd mit Polo-Kragen darf nach meinem Geschmack auch mit einer Brusttasche ausgestattet sein, auch wenn das für mich kein Muss ist. Stilecht sind bei Hemden mit Polo-Kragen flache Perlmuttknöpfe. Der Rumpf sollte eher kastig geschnitten sein, nicht aber so lang und weit wie das traditionelle englische Hemd. Knopfmanschetten sind für meinen Geschmack die einzig passende Variante am Handgelenk.
Victor Besnard hatte schon letztes Jahr mit mir Kontakt aufgenommen und seine Kollektion vorgestellt. Durch die Pandemie war ein Treffen in den Niederlanden nicht möglich, deshalb haben wir einen Bericht über das Label und den Shop verschoben. Vor ein paar Wochen ist mir bei Besnard das Hemd mit dem Polo-Kragen aufgefallen und so entstand die Idee, es als Vorgriff auf ein persönliches Kennenlernen und eine Kollektionspräsentation in den Niederlanden, zu testen. Mehr zu Besnard können Sie im Interview mit Victor Besnard auf unserer englischen Seite nachlesen.
Wenn ich Hemden vorstelle, dann trage und wasche ich sie etwa fünf Mal. Das ist natürlich kein Langzeittest, man merkt aber nach zwei bis drei Wäschen, ob und wie stark der Stoff einläuft. Und wenn ich ein Hemd an fünf Tagen eingesetzt habe, kann ich mir auch eine Meinung über die Trageeigenschaften bilden. Diese Meinung stellt natürlich mein subjektives Empfinden dar.
Das Hemd kostet 160 Euro, es liegt preislich nach deutschen Begriffen also im gehobenen Bereich. Der Preis des Hemdes erscheint angemessen nach dem optischen Eindruck. Das Hemd ist in Italien gefertigt. Man kann an den Nähten und der Achsel erkennen, dass der Ärmel von Hand eingesetzt ist. Die Knopflöcher sind sehr sauber mit der Maschine umsäumt und dadurch feiner als die meisten Handknopflöcher. Mir sind Handknopflöcher nicht besonders wichtig und gerade bei dieser Art von Hemd würde ich sie auch nicht als stilecht empfinden. Die Passform des Hemds an meiner Figur ist auf den Fotos zu sehen. Ich trage die Kragenweite 41 mit extra langem Arm. Das Hemd ist nur leicht tailliert und bietet für mein Empfinden genügend Bewegungsfreiheit. Die Armlöcher sind relativ klein, die Ärmel sind entsprechend etwas schmaler zugeschnitten. Die Manschetten passen gerade so über eine mittelgroße Uhr. Am Rücken hat das Hemd eine Kellerfalte für mehr Bewegungsfreiheit. Das Hemd trägt sich gut unter meinen Anzugjacken, Sakkos und Blazer. Es trägt weder am Rumpf noch im Ärmel auf.
Victor Besnard beschreibt den Vollzwirn-Oxford-Stoff als “a bit stiff when you wear it for the first time”, stellt aber in Aussicht, dass es nach ein paar Wäschen weicher wird: „It softens after a few washes“. Mein erster Eindruck von diesem Stoff war genau so: Etwas steif, vor allem im Vergleich zu dem Oxford-Stoff von Thomas Mason des vor kurzem vorgestellten Hemds von Luca Avitabile. Bis jetzt ist der Stoff nicht weicher geworden, das hat aber nichts zu sagen. Ich habe mehrere Stoffe aus einem sehr harten und schweren Vollzwirn-Oxfordstoff von Alumo in Appenzell, der nach etwa 10 Jahren eine gewisse Weichheit erlangt hat. Mir gefällt diese Art von Oxford-Stoffen, da sie sich gut bügeln lassen und sie tatsächlich gut altern. Wie der Stoff nach einem Jahr regelmäßigen Tragens an den besonders beanspruchten Partien des Kragens und der Manschetten aussieht, muss sich natürlich noch erweisen.
Ich habe den Kragen mit und ohne Krawatte getragen und beide Varianten sind im Bild zu sehen. Der Kragen vorn etwas höher und die Krageschenkel sind großzügig dimensioniert. Wenn man die Spitzen anknöpft bildet sich genau die Wölbung, die ich erwarte. Hinten ist der Kragen relativ niedrig. Ich habe ihn mit verschiedenen Krawatten ausprobiert. Bei Krawatten aus schwerer Jacquard-Seide, Wollkrawatten oder breiteren Krawatten blitzt die Krawatte hinten ein kleines bisschen unter dem Kragen heraus. Dabei ist natürlich die Breite in dem Bereich, der unter dem Kragen verschwinden soll, entscheidend.
Unter dem Kragen der Anzugjacke oder eines Blazers sieht man das nicht, ansonsten aber schon. Das ist für mich ein kleiner Minuspunkt. Ich habe den Kragen deshalb mit etwas weniger voluminösen und schmaleren Krawatten getragen. Auf den Fotos trage ich ein alte Streifenkrawatte des amerikanischen Herstellers Robert Talbott, sie ist etwas schmaler und passt in jeder Hinsicht perfekt zu Stil und Schnitt des Kragens.