Alfredo di Giglio bei der traditionellen Bartpflege in der Antica Barbieria Colla Milano: Der erfahrene Barbier trimmt präzise den Bart eines Kunden mit der klassischen Schere.
Alfredo de Giglio, Herausgeber von Stilmaschile und unser Führer in Mailand.

Antica Barbieria Colla: Alles für Bart und Haar

Nur ein paar Gehminuten vom Teatro alla Scala entfernt, in der Via Gerolamo Morone, einer Seitengasse der eleganten Via Alessandro Manzoni, liegt ein wenig versteckt die Antica Barbieria Colla.

Historisches Bodenmosaik am Eingang der Antica Barbieria Colla mit der Inschrift des Gründungsnamens
Traditionelle weiße Kittel der Barbiere in der Antica Barbieria Colla mit dem gestickten Logo des Salons
Ein Gespräch im historischen Interieur der Antica Barbieria Colla mit der Besitzerin vor dem Regal mit handgefertigten Pflegeprodukten

Die Geschichte einer Mailänder Institution

Am gegenwärtigen Standort ist die Barbieria Colla seit 1943 zu finden. Gegründet wurde sie bereits 1904 in der Via Manzoni 19 von Dino Colla.

Er bediente nie selbst die Kunden, sondern widmete sich ausschließlich der Ausbildung seiner Mitarbeiter und der Entwicklung neuer Pflegeprodukte und Pflege-Techniken. Auf ihn soll z. B. der Abschluss der Rasur mit heißen Handtüchern zurückgehen, sowie die ersten Shampoos mit Seifenflocken aus Marseille.

Schon nach wenigen Jahren hatte sich der Friseursalon in eine Art Herrenclub verwandelt. 15 Jahre nach Eröffnung wurde es dort zu eng und Dino Colla bezog neue Räumlichkeiten in der Via Verdi 2, die gegenüber dem Teatro alla Scala lagen.

Zu der Kundschaft zählten neben lokaler Prominenz, Angehörigen alter Familien und dem guten Mittelstand auch italienische Berühmtheiten.

Historischer Innenraum der Antica Barbieria Colla mit klassischen Friseursesseln, eleganten Holzoberflächen und Wänden voller Fotos prominenter Kunden, die die reiche Geschichte des Mailänder Traditionsbetriebs dokumentieren
Antiker Kinderfrisiersessel mit dekorativem Pferdekopf aus der Sammlung historischer Friseurwerkzeuge in der Antica Barbieria Colla Milano
Detailaufnahme der 'Victoria' Fußstütze an einem historischen Frisierstuhl in der Antica Barbieria Colla - ein Beispiel für die traditionelle Handwerkskunst und die Liebe zum Detail in dem Mailänder Barbiergeschäft

Kriegszeit und Neuanfang

Die Kunden blieben ihrem Barbiergeschäft auch während des Krieges treu. Ein Bombenangriff, der im August 1943 die Piazza della Scala und das ganze Viertel zerstörte, beendete diese Ära. Neun Monate später, am 1. April 1944 wurde das Geschäft wieder eröffnet.

Von den alten Angestellten hatte nur Guido Mantovanini seinem Arbeitgeber die Treue gehalten und auf die Wiedereröffnung gewartet. Dino Colla vermachte ihm 1949 das Geschäft.

Die Ära Franco Bompieri

Im Januar 1960 trat Franco Bompieri in die Barbieria Colla ein. Er hatte zuvor im Salon des Hotels Continental gearbeitet. Er brachte viele Kunden von dort mit, was dem Geschäft einen weiteren Schub gab.

Dreizehn Jahre lang arbeiteten Guido Mantovanini und Franco Bompieri zusammen, ab 1965 als gleichberechtigte Partner. 1975 starb Mantovanini, Franco Bompieri führte die Barbieria fortan allein weiter.

Bei den Gesprächen mit den Kunden ging es immer wieder auch um Literatur. Das lag nicht nur daran, dass zahlreiche Kunden Journalisten und Literaten sind. Franco Bompieri war selbst Schriftsteller, er hat zahlreiche Bücher bei namhaften Verlagen, z. B. Longanesi und Feltrinelli, veröffentlicht. Er sah sich vor allem als „Handwerker der Eleganz“, seine Bücher schrieb er nachts.

Tradition und Innovation unter Francesca Bompieri

Chefin des Hauses ist heute seine Tochter Francesca Bompieri. Sie hat die Leitung schrittweise übernommen, als ihr Vater sich aus Altersgründen zurückzuziehen begann. Er ist 2023 im Alter von 89 gestorben.

Die studierte Kommunikations-Designerin hat die Pflegeprodukte, die bis dahin nur für den Gebrauch im Geschäft hergestellt wurden, vor rund 15 Jahren allgemein zugänglich gemacht. Seit 2013 werden sie auch online verkauft. Die Gestaltung der Verpackungen und alle Werbemittel sind ihr Design.

Den Anfang machten sechs Shampoos für verschiedene Haarwurzeltypen, die Lotion für die Hautmassage, die Reiseseife und der Pinsel mit weißen Borsten und handgefertigtem Aluminiumgriff. Inzwischen sind zahlreiche Produkte dazugekommen, darunter auch das Eau de Cologne, das viele Jahre lang gar nicht mehr verfügbar war.

Der Verkauf der Produkte hat die Barbieria Colla über Italien hinaus bekannt gemacht. Immer wieder schauen ausländische Kunden, die das Geschäft nur aus dem Internet kennen, in der Via Gerolamo Morone vorbei. Viele buchen dann auch eine Behandlung.

Die Kunst der traditionellen Rasur

Einer der beiden Friseure, die sich bei Colla um Haar und Bart kümmern, ist Alberto Diforti. Er arbeitet seit 2010 bei der Barbieria Colla. Mit 14 hat er seine Lehre begonnen, bis heute liebt er seinen Beruf. Die Kunden bedient er, wie seine Kollegen, stets mit Krawatte und im weißen Kittel.

Alberto Diforti erklärt uns, dass man bei Colla Bärte ausschließlich mit Schere und Kamm kürzt und formt. Häufiger ist die Nassrasur gefragt. Sie dauert etwa 20 Minuten. Heiße Handtücher sind immer inklusive. Bei einem Kunden haben wir dabei zusehen dürfen.

Die Nassrasur beginnt mit einer Massage mit Mandelöl und Aloe-Vera-Creme. Die Rasierseife wird mit einem Pinsel zu Schaum geschlagen, der mit weißen Borsten bestückt ist. Es folgen das Aftershave mit Aprikosenduftnote und ein heißes Handtuch. Den Abschluss bildet eine Gesichtsmassage. Währenddessen kann der Kunde eine Maniküre machen lassen. In einem Nebenraum wird auch Pediküre angeboten.

Alfredo di Giglio, Francesca Bompieri und Bernhard Roetzel stehen vor dem Eingang der Antica Barbieria Colla in Mailand, über dem das historische Schild mit der Aufschrift 'FRANCO BOMPIERI ANTICA BARBIERIA COLLA DAL 1904' prangt.
Alfredo di Giglio, Francesca Bompieri und Bernhard Roetzel vor der Antica Barbieria Colla

www.anticabarbieriacolla.com

Antica Barbieria Colla
Via Gerolamo Morone 3
20121 Milano
Italien
Tel.: +39 02 874312