Wir haben vor kurzem den Herrenausstatter Micks Hannover besucht. Lesen Sie jetzt unser Interview mit Gründer und Inhaber Mick Möller.

Feine Herr: Was darf man erwarten, wenn man Ihr Geschäft besucht?
Mick Möller: Ich verkaufe Herrenoberbekleidung, Schuhe und Accessoires mit der Klassik als Ausgangspunkt, jedoch zeitgemäß neu interpretiert.
Ich möchte einen Ort für meine Kunden schaffen, an dem sie dem Alltag für einen Moment entfliehen können und es um pure Ästhetik geht.


Der Mix aus Tradition und Moderne ist dabei die Besonderheit. Altbewährtes, jedoch neu überdacht.
Können Sie Ihren Weg zum Modeunternehmer und Einzelhändler skizzieren?
Ich bin durch mein Elternhaus natürlich vorgeprägt. Meine Eltern haben meinen Bruder und mich aber nie dazu gedrängt, im Geschäft einzusteigen – im Gegenteil: „Geht raus in die Welt“, hieß es oft. Musik, gerade Rock n Roll, Sixties und Blues haben mich immer begeistert, aber man kann Rockstar eben nicht studieren.
Die Leidenschaft für Bekleidung entstand während meiner Schulzeit. An Wochenenden und bei Events habe ich im Geschäft gekellnert und bin in Berührung mit den Kunden und Produkten gekommen.



Als ich dann einmal völlig spontan als Verkäufer einsprang, weil so viel los war, war es soweit: Ein Neukunde wollte sich über Alden-Schuhe eingangs nur informieren. Da ich die Schuhe selbst so gut fand, wusste ich einiges darüber und habe ihm alles in Ruhe erklärt. Am Ende hat er die Schuhe tatsächlich direkt gekauft und da war der Groschen für mich gefallen.
Direkt nach der Schule habe ich dann knapp ein Jahr bei meinem Vater gearbeitet – meine beste Lehrzeit!
Für meine Ausbildung als Textilbetriebswirt auf der LDT-Nagold, habe ich im Vorfeld zwei Praktika absolviert. Bei Paul Smith in London und bei Ludwig Reiter in Wien. Zwei ganz eigene Welten, die mir aber in meiner Selbständigkeit enorm geholfen haben.
Nach dem LDT-Abschluss ging es dann für ein Jahr zu Lodenfrey nach München, wo ich gegen Ende ein tolles Angebot bekommen habe und fast verlängert hätte. Doch wie es das Schicksal wollte, rief mein Vater tatsächlich eine Woche vorher an und sagte mir, dass ein wunderbares Ladenlokal in der Luisenstraße frei werden würde. Ich hatte schon vorher mit dem Gedanken gespielt, mein eigenes Geschäft zu eröffnen, um ein neues Publikum zu gewinnen und eine Bestätigung meiner eigenen Person als Unternehmer zu erhalten, bevor ich den elterlichen Betrieb weiterführen würde.
Diese Entscheidung liegt nun sechs Jahre zurück und ich würde es wieder tun. Zumal ich noch immer Musik nebenbei machen und in einer Band zusammen mit meinem Vater spiele.



Deutschland hat kaum noch echte Herrenausstatter. Liegt das an den Herren oder den Ausstattern?
Sowohl, als auch. Die Rückentwicklung entspringt meiner Meinung nach einer Wechselwirkung. Einerseits gibt es speziell in Deutschland wenig bis keine wirklichen Dresscodes und Garderoben-Bewusstsein mehr. Gerade das korrekte Auftreten ist nicht erwünscht – aus einem Anzug wird schnell ein Politikum.
In England trägt der Punk wie auch der Bankier einen Anzug. Natürlich in gänzlich unterschiedlicher Art und Weise, aber es wird sich „gedresst“. Hierzulande sehen viele die Garderobe eher als notwendiges Übel an, nicht als Geste des Respekts vor dem Gegenüber, dem Moment, oder vor allem sich selbst. Dabei drückt sich jeder mit seiner Kleidung aus – ob er will, oder nicht. Andererseits liegt es wohl auch am Angebot und an der Art der Ausstatter. Wenn ich wirklich immer wieder nur auf dasselbe Rezept zurückgreife und mich nicht weiterentwickle, ist es wirklich „verstaubt“ und es kommt Langeweile auf. Wie Armani einmal sagte: „Es ist das Schwierigste, jede Saison einen neuen dunkelblauen Anzug zu entwerfen.“. Man muss sich immer wieder neu erfinden, kleine Stellschrauben nachziehen, denke ich. Dazu kommt noch eine ordentliche Prise Service und Kompetenz und vor allem das Wichtigste – Gastgeberfreundschaft!
Außerdem muss man als Unternehmer selbst kreativ werden. Nur vorgefertigte Waren anzubieten, hebt einen nicht von der Menge ab und vor allem nicht vom Internet! Nur wahre Individualität, Einzigartigkeit und Qualität funktionieren – sonst hat man keine Chance.



Wie und wo finden Sie Lieferanten und Marken?
Das ist sehr unterschiedlich. Manchmal banal in Zeitschriften, auf Instagram, oder klassischerweise auf Messen. Allerdings ist dort schon länger eine Tendenz zu bemerken, dass die wahren Könner im Verborgenen agieren und sich nicht in die Karten gucken lassen wollen.
Das heißt: Sie stellen nicht auf dem Gelände selbst, sondern in Appartements und anderen Locations aus. Oft sind es auch Gespräche, die auf diesen Reisen Neues eröffnen.
Am wichtigsten ist aber nicht, ständig neue Marken zu sammeln, sondern mit den Produzenten mit denen man eigenständig arbeiten kann neues zu kreieren.
Wo holen Sie sich Inspirationen außerhalb der Modewelt?
MM: Wenn wir auf Reisen sind, gehe ich gern durch die Straßen, gucke mir die Menschen und Geschäfte an. Erst letzte Woche waren wir in London. Wenn man sich dort die Köpfe und den Stil der Menschen anschaut, ist man schon wieder voller Ideen und neuen Eindrücken. Oft auch aus der Musik, Fotobildbänden und Filmen. Ich liebe vor allem die Sixties – in vielen Bereichen das wohl ereignisreichste und innovativste Jahrzehnt für die Welt. Modisch extrem interessant – aber auch die anderen Dekaden, von den Zwanzigern bis zu den Achtzigern haben einen neuen Reiz für uns ganz Junge. Gerade diese beiden Jahrzehnte erleben bei Informierten aktuell ein Comeback.


Was macht für Sie guten Stil aus?
Authentizität und Achtung voreinander. Man sollte seiner Umwelt nicht nur das Minimum entgegenbringen. Um beim Thema Bekleidung zu bleiben: Vielleicht doch wieder einmal im Anzug, statt im Pullover zum Essen, oder in die Oper zu gehen. Die Kellner und Musiker fänden es vielleicht auch einfacher im T-Shirt, aber sie tauchen in den Modus mit Ihrer „Rüstung“ ein.
Es ist die Besonderheit des Momentes, der uns dazu animieren sollte, solche Dinge bewusst, also auch mit unserem Äußerlichen zu zelebrieren. Das hat auch nichts mit Geld und Stand zu tun.
Was sind Ihre Lieblingslooks?
Ich liebe Anzüge. Im Sommer manchmal einfach nur mit T-Shirt und Barfuß in Loafern, im Winter am liebsten mit Turtle-Neck. Es gibt kein Kleidungsstück, was vielfältiger ist und einen Mann vorteilhafter kleidet – das sehen im Übrigen auch viele Frauen so.
Für den legeren Einstieg: Eine smarte Stoffhose als Jeans-Alternative ist selbst mit Sweatshirt und Sneaker kombiniert ein angezogener Look.
Im Winter sind Flanellhosen mit grobem Strick und lässig langem Mantel eine legere Alternative.
Zuhause im Hausmantel mit Fred Perry Trainingsanzug – also auch wieder: „ANZUG“.
Lieber Herr Möller, herzlichen Dank für das Gespräch!