Ich gebe es gern zu: Blousons sind rar in meiner Garderobe. In aller Regel trage ich Jacken in Sakkolänge. So, wie ich eher Hut als Mütze trage. Rauleder statt Boxcalf. Und lieber Tee trinke als Kaffee. Trotzdem reizen mich Blousons.



Erstens markiert der Blouson schon optisch das Thema Freizeit. Man kann ein Sakko als Casual-Look tragen oder mit Krawatte bei einem Anlass. Ein Blouson ist immer lässig. Wenn er dann noch aus Leder ist und obendrein grün, der von mir am liebsten und wohl auch am häufigsten getragenen Farbe, dann muss ich ihn wenigstens einmal testen.
Als wir die neue Frühjahrskollektion von The British Shop als Preview bekommen haben, kam der Blouson in „Bottlegreen“ aus Ziegenvelours sofort auf meine Wunschliste für den nächsten Fototermin. Er ist vom Schnitt und dem Rippenstrick an Saum und Ärmelabschlüssen her äußerst zeitlos, wozu auch die mittlere Weite beiträgt. Er ist also weder zu eng, noch zu weit. Das betrifft das Tragegefühl und die Silhouette. Hier hat The British Shop den Klassiker davor bewahrt, zu altbacken oder zu gewollt modisch zu wirken.



Der Blouson ist tatsächlich ein Klassiker der Herrengarderobe und schon viel länger Bestandteil des Kanons, als manch einer denken mag. Schon in den 1930ern wurde beispielsweise der spätere Duke of Windsor im Blouson gesichtet, z. B. beim Golfspiel oder beim Tontaubenschießen. Der Blouson ist aus den USA in die britische Garderobe gelangt, hat sich dort aber schnell etabliert, wegen der kurzen Form besonders bei Sportwagenfahrern. Deshalb ist sehr stimmig, dass The British Shop fast immer Blousons in die Kollektion aufnimmt.
Zum dem Lederblouson habe ich ein klassisches Tattersallkarohemd von Barbour ausgewählt und eine Sommer-Chino aus der „Heritage Collection“ der deutschen Hosenmanufaktur Hiltl. Der Stoff ist ein leichter, luftiger und kühlender Mix aus Baumwolle und Lyocell. Das Tattersallkaro ist urbritisch wie „Ale“ oder „scones“, es gehört zum „countryhouse weekend“ wie der Ausflug in den Pub. Das ausgewählte Hemd hat einen Buttondownkragen, was dem sehr englischen Karo einen Hauch von Preppy-Style gibt. Die Hosen sind sehr leicht, viel leichter als Chinos aus konventionellem Baumwolltwill. Das handschuhweiche Leder des Blousons war schon beim ersten Tragen sehr anschmiegsam. Wenn ich den Blouson im Anschluss an den Fototermin nicht hätte zurückgeben müssen, wäre er danach drei Wochen lang jeden Tag zum Einsatz gekommen. Ein Lederblouson muss eingelebt werden, wie ein neues Paar Schuhe. Richtig Persönlichkeit bekommt so ein Teil aber erst nach einigen Jahren und vielen Saisons. Trotzdem habe ich mich auch in dem neuen Blouson, so wie er aus dem Paket kam, gleich wohl gefühlt.


Das Baumwollfutter ist angenehm über einem Hemd und es fasst sich schön und nicht zu glatt an. Die Taschen sind an den richtigen Stellen platziert und in der richtigen Höhe. Das mag seltsam klingen, ist für mich aber sehr wichtig. Gerade bei einem Blouson. Wenn die Außentaschen zu niedrig sind, sieht man undynamisch aus mit den Händen in den Taschen. Zu hohe Taschen sind auch nicht gut, dann sind die Arme zu stark angewinkelt und diese Haltung ist auch unbequem. Bei Sakkotaschen kann man geteilter Meinung sein, ob die Hände dort hineingehören. Beim Blouson ist es eindeutig erlaubt. Je nach Wetter könnte man das Outfit Nr. 1 um einen Pullover ergänzen und vielleicht noch eine flache Tweedmütze. Zum Herbst hin käme ein Schal hinzu. Wenn das Outfit etwas förmlicher wirken soll, würde ich zu einem seidenen Halstuch raten. Ein Pullunder wäre eine gute Zwischenlösung für Tage, die für einen Pullover schon zu warm sind. Sobald die Sonne herauskommt, bleibt das Hemd aber der Solist unter der Jacke. Leder ist relativ warm, ein Karohemd ist dann perfekt für Wochenende und Freizeit.
Meine erwähnte Vorliebe für Sakkos kommt beim Outfit Nr. 2 zum Tragen. Die Wahl fiel dieses Mal auf einen Klassiker aus der Abteilung Understatement. Auf den ersten Blick sieht er aus wie ein typisch englisches Karosakko aus einem leichten Kammgarnstoff. Wenn man es aber in die Hand nimmt, spürt man sofort, woraus es geschneidert ist: 100 Prozent Seide.



Die Briten sind stille Genießer, deshalb wählen sie im Sommer gern Seide, tarnen es aber durch das Dessin. Beim Tragen offenbart sich der Unterscheid zum Wollstoff. Seide ist einfach leichter, der daraus gewebte Stoff passt sich dem Körper bei jeder Bewegung an. Obendrein sorgt Seide für einen guten Temperaturausgleich an wärmeren Tagen. Als Hemd habe ich einen Klassiker des anglo-amerikanischen Freizeitlooks gewählt, ein hellblau-weiß gestreiftes Oxford-Buttondownhemd von Barbour. Sehr leicht und luftig, perfekt zu dem sehr sommerlicher Seidensakko. Dazu leichte Baumwollhosen mit Stretch-Anteil von Club of Comfort im Farbton Salbei. Die schmale Fußweite passt gut zu verschiedenen Schuhtypen.

Bei dem Outfit Nr. 2 begegnen sich britischer Smart-Casual-Stil und die amerikanische Ostküsten-Kleidungskultur. Die beiden Stilrichtungen sind eng verwandt. Die Briten stehen dabei mehr für Tradition, aus den USA stammt die Sportlichkeit. Das Buttondownhemd ist im englischen Stil nie aus dem Freizeitbereich herausgekommen, was auch der Auffassung der Deutschen entspricht. In den USA ist das Hemd mit diesem Kragen dagegen ein konservativer Klassiker, der mit Krawatte auch zum Business-Anzug getragen wird. Beide Outfits decken die zur Zeit wichtigsten Dresscodes ab, Smart-Casual und Business-Casual. Dass der britische Stil, der lange als klassisch und konservativ galt, sich inzwischen auch in der zeitlos-modernen Mode etabliert hat, ist freilich kein Zufall. Da die Briten immer schon eine Vorliebe für das Landleben gehegt haben, hatten sie stets auch ein Händchen für gepflegte Lässigkeit.
